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Last Update: 23.09.2023
 
 

Chicago hat vielleicht mehr als irgendeine andere Stadt in den Vereinigten Staaten, im Zentrum der Nation, die kulturelle Vielfalt reflektiert, die als Talentschmiede und Anziehungspunkt bedeutungsvoller Musiker gedient hat. Jazzer Lionel Hampton kam 1919 in Chicago an, als er 11 Jahre alt war, Bluesman Muddy Waters 1943, als er 28 war. Aber Benny Goodman, „The King Of Swing", mußte nicht reisen, er wurde 1909 in Chicago geboren.

1967 gründeten die Chicagoer Musiker Robert Lamm, James Pankow, Walter Parazaider, Lee Loughnane, Terry Kath, Peter Cetera und Danny Seraphine eine Gruppe mit dem Traum, die ganze musikalische Vielfalt von ihrer geliebten Stadt zu integrieren um daraus einen neuen Sound zu erschaffen, eine „Rock ‘n Roll Band mit Hörner. Ihr Traum wurde mit 20 Top-10 Singles, 12 Top-10 Alben (fünf davon Nr.1) und einen Verkauf von mehr als 120 Millionen Tonträger Wirklichkeit.

 
Vor 1967: Die Anfänge

Die meisten Popstars der sechziger Jahre werden Ihnen erzählen, dass sie ihre Inspiration durch die Auftritte von Elvis Presley im Fernsehen der fünfziger Jahre hatten. Aber Walter Parazaider, geboren am 14. März 1945 in Chicago, hatte eine etwas andere Erfahrung.

„Ich fing mit neun Jahren an zu spielen, weil ich Benny Goodman in der Ed Sullivan Show sah," sagt er. „...zunächst einmal war ich Klarinettist."

Parazaider’s Interesse zur Musik lag schon in der Familie. Sein Vater war ein Musiker, der sich sein Geld von Ganz- und Halbtagsjobs verdiente, als er seine Familie gründete.
„Ich kann mich nicht an irgendeinen Moment in meiner Kindheit erinnern ohne Musik im Haus," sagt Parazaider. „Ob es mein Vati war, der für seine Band übte, oder meine Mutter, die sich Platten anhörte, das sind meine frühesten Erinnerungen." Das Ergebnis war, dass er selbst anfing, Musik zu spielen: „Die Unterstützung, die ich dabei von meinen Eltern im Verlauf der Jahre bekommen hatte, war phänomenal."

Parazaider studierte und spielte die Klarinette für die nächsten Jahre, und er hatte so viel Leistungsniveau gezeigt das er im Chicago Symphony Orchestra Klarinettist wurde.
Aber auch für ein Wunderkind der Klassischen Musik waren die späten fünfziger Jahre eine Zeit, wo andere Formen von Musik einen Einfluß auf ihn ausübten.
„Während dieser Zeit spielte ich immer mehr Saxophon," erinnert sich Parazaider, „...und ich entdeckte, dass man viele Mädchen kennenlernen kann, wenn man Saxophon in einer Rock ‘n Roll-Band bläst. So spielte ich auch in einer Rockband, aber ich verfolgte parallel dabei immer noch eine klassische Karriere im Chicago Symphony Orchestra."

Dann ging Parazaider zur Chicagoer DePaul- Universität, wo er studierte und „....die ganze Zeit noch viel spielte, wie Gigs auf raucherfüllten Zimmern und Tanz- Korridoren, und auch auf irgendwelchen Orchester- Bällen."

Es war auch bei DePaul, wo er einen jungen Chicagoer Musiker traf, nämlich Jimmy Guercio, der Jahre später darauf Chicagos Produzent werden sollte.

„So begannen wir, in den verschiedenen Rock ‘n Roll-Bands der Gegend zu spielen," erinnert sich Parazaider. „Wir spielten viel in den Bierkneipen der Northwestern University und in den umliegenden Colleges im Gebiet, und wir ernteten viel Beifall."

Inzwischen setzte Parazaider seine "schizophrene musikalische Existenz" bei DePaul fort, obwohl es für ihn immer schwieriger wurde. Er erinnert sich: „Nach über einen Jahr der Erkenntnis wollte ich nicht mehr Trigonometrie studieren und ich war auch nicht gerade eine geduldige Person dazu, um Lehrer zu sein. Ich konzentrierte mich daher auf die Musik: Die Klarinette. So bereitete ich mich ein Jahr vor und spielte ein Bewertungskonzert vor den Hauptmitgliedern des Chicago Symphony Orchestra mit Publikum. Ich bekam danach eine hohe Auszeichnung für das Spielen auf der Orchesterklarinette."

Trotz alledem hatte Parazaider noch immer eine nicht- klassische musikalische Idee: Eine Rock ‘n Roll Band mit Hörner zu gründen. In der modischen Popmusikwelt versetzten Bläser die Zeit in die mittleren sechziger Jahre zurück, wo Gruppen den vierteiligen Rhythmusteil der Beatles imitierten und mit den Begrenzungen von Gitarre-Baß-Schlagzeug sich nicht weiterentwickelten. Gerade das Saxophon, ein wichtiger Teil von den fünfziger Rock ‘n Roll-Bands, hörte man oft. Nur im R&B (Rock & Beat), der etwas von der Bigband-Tradition beibehielt, benutzten Leute wie James Brown und andere regelmäßig Hörner.

Im Sommer 1966 brachten die Beatles die Hörner zurück. Ihr 'Revolver'- Album hatte Songs wie ‘Got To Get You Into My Life’, auf dem zwei Trompeten und zwei Tenorsaxophone spielten.

Parazaider’s Hauptband war zu dieser Zeit ‘The Missing Links’, in der ein sehr talentierter Kerl mit dem Namen Terry Kath am Baß spielte. Kath, geboren in Chicago am 31. Januar 1946, war ein Freund von Parazaider und Guercio, seit seinen Teenagertagen. Er spielte zuvor u. a. in einer Band, die sich "The Mystics" nannte. Am Schlagzeug war Danny Seraphine, geboren am 28. August l948 in Chicago. Trompeter Lee Loughnane, noch ein DePaul- Student, spielte nur manchmal mit der Band.

Lee Loughnane, geboren am 21. Oktober 1946 in Chicago, war der Sohn eines ehemaligen Trompeters.
„Mein Vater war ein Produkt der Swingära," erinnert er sich, „Er war ein Bandleader der Armee- Luftstreitkräfte im ersten Weltkrieg."
Officer Loughnane arbeitete mit einigen von den Spitzenspielern der großen Bands dieser Ära zusammen. Aber er kam auch in Kontakt mit ihren Lebensstilen.
„Mein Vater wußte, dass sie nur für eine bestimmte Zeit mit ihm zusammen sein werden, und dann wurden sie normalerweise hinaus zu den Frontlinien versandt," sagt Loughnane. „Somit war er ein wenig lockerer in seiner Disziplin, als er es unter anderen Umständen gewesen wäre. Einige von den Jungs spielten an Wochenenden Gigs in der Stadt und kamen dann betrunken zurück oder stellten irgend etwas an, und mein Vater mußte es ausbaden. Als Ergebnis davon bekam er eine Abneigung für Drogen und Alkohol, und als er die Armee verließ, ließ er auch die Musik zurück. Die einzige Sache, die er in seine Heimat brachte, war seine Trompete. Diese Trompete war die erste, die ich spielte. Ich hatte selbst ihn nie spielen gehört....."

Als Loughnane 11 Jahre alt war, begann er, diese Trompete zu spielen. Nachdem er im Sommer 1959 13 Jahre alt wurde, zwischen siebter und achter Klasse, traf er sich mit dem Banddirektor Ralph Meltzer. „Ich mußte ihm meine Zähne zeigen", erinnert sich Loughnane. „Bei krummen Zähnen werden deine Lippen wegen des Druckes vom Mundstück in Unordnung gebracht. Meine Zähne waren okay. Er gab mir dann irgendwelche ‘Mary Had A Little Lamb’ - Bücher, und ich konnte nicht abwarten, um nach Hause zu gehen und die Lieder zu spielen. Mein Vater fand dann einen Privatlehrer mit dem Namen John Nuzzo. Durch seinen Unterricht verbesserte sich mein Spielen enorm."

In Loughnane’s Highschool- Zeit wurde er bei St. Mel aufgenommen, denn obwohl St. Patrick seiner Heimat viel näher war, hatte St. Mel eine Konzertband, eine Jazzband und eine Marschband. Auch hatte der Banddirektor, Tom Fabish, Loughnane’s Vater unterrichtet, als er selbst in der Highschool war.

„Tom war ein bedeutender Einfluß auf mein Spielen, und er und mein Vater wollten, dass ich zu einer Schule gehe, wo ich Musik spielen konnte," sagt er. „Ich mochte den Marschmusik Teil davon nicht besonders, wie auch immer. Sie konnten mich nie dazu bringen, irgendwelche Beine aufwärts zu heben und so auszusehen wie ein Marschierender. ‘Möchtet ihr die Musik hören , oder soll ich marschieren?’ Ich war immer darauf bedacht, so gut wie nur möglich zu spielen. Aber jetzt habe ich gelernt, ein Künstler zu sein und so zu spielen, so gut wie ich es noch kann, lieber als der Versuch, herum zu springen und viele Noten zu verpassen. Ich habe immer daran gedacht, und es war sehr hilfreich, die Musik echt zu spielen."

Zu der Zeit, als er 1964 die Highschool promovierte, wußte Loughnane schon, dass er Profimusiker werden wollte. „Es gab nichts anderes, das ich machen wollte," erinnert er sich, „Ich hatte keine andere Berufung."

„Tom Fabish war auch Banddirektor an der DePaul Universität, als ich ins College aufgenommen wurde, so war es für mich die perfekte Schule. Tom, mein Vater und ich entschieden, da ich mich nun zur Musikkarriere fest entschlossene hatte, sollte ich als Sicherheit noch eine Musiklehrer- Ausbildung absolvieren. Aber mit Parazaider konnte ich so nicht zusammenarbeiten. Ich liebte die Musikklassen, aber ich konnte diese Zuneigung nicht mit den allgemeinen Ausbildungsklassen teilen," sagt Loughnane, „....und ich käme zum Punkt, wo ich gerade jene Klassen nicht mehr besuche."

Vielleicht waren seine ‘außerhalb der Universität- Aktivitäten’ der Grund, dass er immer weniger Zeit zum studieren hatte. Wie die zukünftigen Mitglieder von Chicago fing Loughnane an, in hiesigen Gruppen aufzutreten. Zuerst gab es die ‘Shannon Show Band’, eine irische Gruppe, mit einem drei- Mann Horn- Teil, also Trompete, Posaune, und Tenorsaxophon, genau wie Chicago es vorhatte. Bei Lebensmittellieferungen an die Irische Bevölkerung der Stadt trat die ‘Shannon Show Band’ im ‘Blarney Club’ auf, es wurde Elvis Presley, Country & Western und Top-40 Musik gespielt, zusätzlich zum obligatorischen Irischen Walzer. „Ich sang zum erstenmal in dieser Band," erinnert sich Loughnane, „....ich sang ‘Kicks’ von Paul Revere and the Raiders. Ich sang so gut, dass ich drei Lieder auf 23 Alben von Chicago selber sang.".

Loughnanes andere Band in dieser Periode war ‘Ross and the Majestics’, die einen Sommer lang in einer Bar im Kellergeschoß des ‘Palmer House’, ein nobles Chicagoer Hotel, spielte. Da Loughnane hier spielte, konnte er seinen Sommerjob, den sein Vater für ihn auf dem Schrottplatz der ‘Revere Copper and Brass Company’ vermittelt hatte, nicht antreten. „Mein Vater war damit nicht einverstanden, aber ich konnte die Band wegen meiner Zusage einfach nicht enttäuschen."

Noch ein Sommer- Job beim „Chicago State Hospital" bestätigte nur Loughnanes Abneigung von dieser Art Arbeit. „Trompete spielen machte mir viel mehr Spaß und war definitiv viel besser für den Rücken," sagt er. Später im Sommer wurde es Zeit, die Flügel auszubreiten. „Ich zog aus und bekam eine Wohnung, und dann traf ich Terry."

Durch Kath lernte Loughnane Danny Seraphine und Walter Parazaider kennen, und er spielte mit den ‘Missing Links’. „Walter war der einzige Bläser in dieser Band, und er ermutigte mich, vorbeizukommen und mitzumachen," erinnert sich Loughnane, „....sie brauchten nämlich zwei Bläser und nur so konnte man diesen typischen ‘R&B’ Klang erzeugen. Diese Musik war die Hauptsache seinerzeit, und es machte mir wirklich Spaß, mit dieser Band zu spielen."

Jetzt entschieden sich Parazaider, Kath, Seraphine und Loughnane dazu, den Traum von einer ‘Rock ‘N’ Roll Band mit Hörner’ zu verwirklichen. Daher brauchten sie zusätzliche Bandmitglieder.

Der erste Musiker war im Herbst ‘66 ein neu übernommener DePaul- Student vom Quincy- College, der Posaune spielte. „Walter hatte in der Schule schon immer ein Auge auf mich geworfen", sagt James Pankow. „Er kam zu mir und sagte ‘Hallo, ich habe dir beim spielen zugehört, und es gefällt mir. Ich denke, du bekommst es.’ Ich sagte: ‘Was meinst du mit 'Du bekommst es?’ Er hatte dieses blinken in seinem Auge, und ich wußte, dass ihm gefiel, was ich machte."

James Pankow, geboren am 20. August 1947 in St.Louis/Missouri, hatte bestimmt genug Zeit mit seinem Instrument verbracht, um etwas daraus zu machen.
„Ich war fünf, und meine Leute erkannten, dass ich eine menschliches Schlagzeug war," sagt er. „....ich strampelte in der Wiege im Rhytmus der Musik, bevor ich gehen konnte, und zerbrach mir meine Finger beim Taktschlagen an Wände und dem erzeugen aller Arten von Rhythmen, gerade welcher Musik ich zuhörte. Da sie glaubten, es wäre besser, wenn man diese nervöse Energie ‘unter Kontrolle’ hätte, meldeten sie mich bei der hiesigen Grundschule an, und ich wollte natürlich Schlagzeug, Gitarre oder Sax spielen. Niemand wollte Posaune spielen. Es war eben nicht cool."

Aber nun trafen sich Pankow's Eltern mit dem Band- Direktor, um James zu überreden, Posaune zu spielen. Pankow erinnert sich: „Meine Eltern und der Band- Direktor überredeten mich, etwas zu versuchen, was weniger wettbewerbsfähig war: Posaune zu spielen. Ich quälte mich mit der Posaune ab und für die ersten drei Jahre war es die reinste Hölle für mich."
Ein Grund dafür war, dass ein zehnjähriger halt Schwierigkeiten hatte, ein derartig großes Instrument zu manövrieren.
„Es war genauso, als setze man einen Zwerg in einen Sattelschlepper und beauftrage ihn, nach New York zu fahren,"
sagt Pankow.

Aber ab seiner Jugend, mit der Ermutigung seines Vaters mit einer großen Plattensammlung, die ihn hinaus zu den hiesigen Nachtlokalen brachte, begann Pankow, die Posaune zu genießen, so sehr sogar, dass er unentwegt immer noch weitermachte in diesen drei verdammten, blutigen Jahren mit Zahnspangen auf seinen Zähnen.....

Pankow’s musikalische Ausbildung wurde bei der Notre Dame High School bei Father George Wiskirchen fortgesetzt, der, er erinnert sich, „.....das Buch ‘High School Jazz Lab And Big Bands’ schrieb..." und die jungen Posaunisten unterrichtete. „Ich spielte in der Konzert- und Marsch- Band," sagt Pankow, „aber die High School Jazz Band wurde meine Inspiration."

Nach der High School erreichte Pankow ein volles Musik- Stipendium am Quincy College, aber wie Parazaider und Loughnane begann er, sein Geld in Bar- Bands verdienen. Nach seinem ersten Studienjahr im Sommerurlaub gründete er zu Hause eine Band, die auf Gesellschafts- Parties, Colleges, Hochzeiten und auch in Bars spielte. Er hatte einen Agenten, der ihm Gigs mit allen großen Bands von Chicago ermöglichte. Als der Herbst sich näherte, war Pankow so voll mit seiner Musikarbeit ausgelastet, dass er für was anderes keine Zeit mehr hatte. Er telefonierte daher mit seinem Lehrer bei Quincy um zu sagen, dass er nicht für das Herbst- Semester zurückkam. Aber er wollte seine Ausbildung fortzusetzen, und damit wechselte er zum DePaul- College.

Durch Pankow’s Eintritt in die neue Band hatte man jetzt drei Bläser, aber man brauchte noch Baß und Keyboards. Als sie Pianospieler ‘Bobby Charles’ von ‘Bobby Charles and the Wanderers’ hörten, dachten sie, man hätte beides auf einen Schlag gefunden. Bobby Charles wirklicher Name war Robert Lamm.

Robert Lamm, der am 13. Oktober 1944 in Brooklyn, New York, geboren wurde, schien genau wie Pankow schon in der Wiege zu ‘Rocken’.
„Musik interessierte mich schon seit der Zeit an, als ich noch ein Kleinkind war," sagt er. „Sowohl meine Mutter als auch mein Vater waren Sammler von Jazzplatten und es wurde in unserem Hause stets Musik gespielt."

Lamm’s erstes formelles Musik- Training begann in einen ‘Brooklyn Heights Choir’. Seine Mutter ermöglichte es. Hier fing er auch an, Klavier zu spielen. Er fand heraus, dass er die Lieder auch nach Gehör nachspielen konnte.

Als Lamm 15 war, heiratete seine Mutter wieder und zog mit der Familie nach Chicago. Dort traf er andere ehrgeizige High- School- Musiker und sie gründeten eine Band. Er studierte auch mit dem prominenten Jazz-Lehrer Millie Collins. Sein Idol wurde Ray Charles, und Lamm nannte sich nach seinem Helden.

„Ich schrieb Songs in einer oder zwei Bands vor Chicago," erinnert er sich zurück, „...die zweifelhafte Qualität von diesen Liedern ist eine andere Diskussion. Das ‘Song-Writing’ war zu dieser Zeit noch nicht die Hauptleidenschaft von mir, so wie es jetzt ist."

Lamm erhielt einen Telefonanruf. Er ist nicht sicher, wer ihn anrief, aber die Stimme am anderen Ende der Leitung skizzierte die Idee von einer Band, die Rock 'n Roll mit Hörner spielen wollte und fragte, ob er interessiert wäre. Er sagte ja. Er wurde auch gefragt, ob er mit den Basspedalen einer Orgel spielen könnte, das würde für den optimalen Klang der Band noch fehlen.
„Ich log und erzählte ihnen, ich könnte es," sagt er. „Ich mußte es daher jetzt wirklich schnell lernen und ich tat es während der Arbeit".

 

1967-1972: Die besten Jahre

Robert Lamm traf die anderen Mitglieder bei einem Meeting, in dem diskutiert wurde, wie man zum Erreichen der musikalischen Ziele vorzugehen hatte. Das Datum war der 15. Februar 1967. „Wir hatten ein Treffen in Walters Wohnung im Nord- Bezirk von Chicago," sagt Pankow. „Es war Danny, Terry, Robert, Walter, Lee und ich, und wir stimmten überein, unser Leben und unsere Energien diesem Projekt zu widmen."

Man probte im Kellergeschoß von Parazaider’s Eltern so oft man konnte.
„Wir glaubten, dass die einzigen Leute, die richtig mit Hörner spielten, die Soul- Acts waren," sagt Pankow, „...damit wurden wir auch eine Art Soul- Band so in der Richtung von James Brown und Wilson Pickett."

Die Band brauchte einen Namen. Parazaider erinnert sich: „Ein italienischer Freund von mir sagte: ‘Du weißt, alle sagen ‘Thing, Thing this, Thing that’. Das hat viel mit euch gemein. Wir werden euch ‘The Big Thing’ nennen.’"

Im März 1967 hatte ‘The Big Thing’ seinen ersten Auftritt im ‘GiGi A Go Go’ in Lyons, Illinois. Im Juni, Juli und August spielte die Band in Peoria, Sioux Falls, Süddakota, Rockford, und Indianapolis. Aber der wichtigste frühe Gig war ein einwöchiger Auftritt im ‘Shula Club’ in Niles, Michigan, vom 29. August bis zum 3. September.

In Niles trafen sie sich auch mit Parazaider’s alten Freund Jimmy Guercio, er wurde ihr erster langjähriger Produzent. „Er hörte uns spielen," erinnert sich Parazaider, „...und er war sehr beeindruckt."
Es war der große Durchbruch. Guercio erzählte der Band, wenn sie so weitermachten, würde er auch weiterhin mit ihnen in Verbindung bleiben. Ermutigt dadurch begannen sie, mehr ihr eigenes originales Material zu entwickeln.
„Ich begann, eigene Songs zu schreiben," sagt Pankow. „Robert schrieb mehr Songs und Terry Kath steuerte auch sein eigenes Material bei."

Den ganzen Herbst spielte ‘The Big Thing’ im ‘Midwest Club’. In der zweiten Dezemberwoche bekamen sie einen wichtigen Gig: „Wir waren der Opening Act im ‘Barnaby's’ in Chicago für eine Band genannt ‘The Exceptions’, sie war die größte Clubband im Mittelwesten, und wir saßen herum und hörten ihnen zu," sagt Pankow, „...ich wurde direkt weggeblasen......"

So wie ‘The Big Thing’ lang blieb, um ‘The Exceptions’ zu hören, so viel früher kam einer von ‘The Exceptions’, um ‘The Big Thing’ zu hören. „Ich hatte viel gehört von diesen Jungs," sagt Peter Cetera, der Bassist für ‘The Exceptions’. „Ich war nur sprachlos, denn sie machten Songs, die sonst niemand machte, und auf eine andere Weise. Sie spielten von den Beatles ‘Magical Mystery Tour’ und ‘Got To Get You Into My Life’ sowie andere Versionen von Rocksongs mit Bläsern."
„Nach dem Gig," sagt Pankow, „kam er zu uns und sagte: ‘Ich weiß nicht was ihr da macht, aber ich mag es. Es erfrischt wirklich. Es ist cool.’"
„Am Ende des zweiwöchigen Gigs," sagt Cetera, „verließ ich ‘The Exceptions’ und war neues Mitglied von ‘The Big Thing’".

Peter Cetera wurde am 13. September 1944 in Chicago geboren. Als er zehn Jahre alt war, wurde sein erstes Instrument das Akkordeon.
„Das ist leider wahr," gibt er zu, „...es gab Akkordeon und Gitarre, und aus irgendwelchen Gründen wählte ich das Akkordeon. Ich weiß nicht warum. Ich schätze, weil ich halb polnisch war, und wir spielten viele Polkas. Es war nicht gerade förderlich für meine Rock ‘n Roll Karriere, aber es machte eigentlich viel Spaß....."

Seine eigentliche musikalische Karriere begann ein klein wenig später.
„Ich fing an, mir andere Musik anzuhören," erinnert er sich, „....und als ich Student im zweiten Jahr in der High School war, kaufte ich mir eine kleine Gitarre und sang während der Schule. Ich traf einen Oberstufenschüler, der auch Gitarre spielte, und wir sangen zusammen. Er sagte: ‘Gründen wir eine Gruppe’ und ich meinte, ‘OK, ich werde mir einen Baß kaufen.’ Nun spielten wir auf allen ‘Heimkehr-’ und ‘Wochenenden-Tänzen’ mit Top-40 Material. Im Oberstufenjahr kam ich mit ‘The Exceptions’ zusammen. Ich blieb fünf oder sechs Jahre bei ihnen."

Cetera entsprach den musikalischen Bedürfnissen des ‘Big Thing’s’ vollkommen.
„Wir brauchten einen Bassisten," meint Loughnane. „Robert spielte die Baß- Pedale der Orgel. Er machte es ganz gut, aber man konnte halt nicht genug Baßdruck mit den Pedalen der Orgel erzeugen. Wir brauchten einen echten Baß in der Band. Und wir brauchten eine Tenorstimme. Wir hatten zwei Baritone (Lamm und Kath), damit konnten wir mittlere und niedrigere Stimmlagen abdecken. Aber wir brauchten eine hohe Stimme für den gleichen Grund, warum wir drei Hörner hatten. Wir hatten Trompete, Tenorsaxophon und Posaune. Sie klangen zusammen so harmonisch, und wir wollten die gleiche Sache auch mit den Gesangstimmen machen. Als Peter in die Band kam, perfektionierte sich unser Gesang. Wir konnten musikalisch mehr Farbe bekommen, und wir begannen, von dort an aufzubauen."

Im ‘Barnaby’s’ war vom 6. - 10. März 1968 der nächste große Auftritt von ‘The Big Thing’, und Guercio hörte ihnen zum zweitenmal zu. Beeindruckt durch die Darbietung und die Band- Verbesserung verhandelte er mit ihnen. „Er meinte, wir sollen uns für einen Umzug nach L. A. vorbereiten," sagt Pankow, „wir sollten an unseren eigenen Material weiterarbeiten und er würde uns anrufen, sobald er bereit wäre."

Der Name ‘The Big Thing’ wurde jetzt von Guercio umbenannt zu ‘Chicago Transit Authority’ im Andenken an die Buslinie, mit der er früher zur Schule fuhr. Die Band arbeitete mit kreativer Inbrunst. Kath, Pankow, und besonders Lamm schrieben große Mengen von Originalmaterial. Mit Lamm wurden zwei der Gruppe denkwürdigsten Songs fertiggestellt, ‘Questions 67 and 68’ und ‘Does Anybody Really Know What Time It Is?’, kurz vorausgehend zur Abreise von Chicago.

Guercio reagierte schnell. „Er kaufte ein kleines Haus in der Nähe der Hollywood Autobahn und er meldete uns, dass er bereit wäre," erinnert sich Pankow. „Wir machten im Juni ‘68 den Umzug. Die verheirateten von uns ließen ihre Frauen zuerst zu Hause, weil sie es sich einfach nicht leisten konnten, ihre Familien mitzubringen. Wir bekamen fünf Mal am Tag Beschwerden von den Nachbarn, weil alles, was wir machten, Übung war, Tag und Nacht."

Die Band begann, im Gebiet um Los Angeles zu spielen. „Ich glaube, wir bekamen alle diese Zeit nicht mehr als 15 - 20 Dollar, egal in welcher Bierhalle wir auch spielten hier in den Vororten von Los Angeles," sagt Parazaider.

Aber zusätzlich zum Geld gewannen sie neue Fans, einer von Ihnen war Tris Imboden, ein 16jähriger Surfer und ein strebsamer Schlagzeuger. „Ich kann mich noch erinnern, ich ging zum Shrine Auditorium," sagt er, „...ich war gegangen, um Procol Harum zu sehen, Arthur Lee und Love spielen auch. Ich ging weiter, und auf einer anderen Bühne war diese Band mit den Bläsern, und, Mann, es beeindruckte mich sehr. ‘Großer Gott! Das ist die beste Sache, die ich je gehört habe’, weil es war eine Mischung von so vielen Sachen, die ich liebte, R&B, Jazz und Rock ‘n Roll, und die Gesangsparts waren so stark, zwischen Robert und Terry und besonders Peter. Danny Seraphine war auch teuflisch gut, er packte wirklich meine Aufmerksamkeit. Ich fragte jeden : ‘Wer ist das?’ und es war CTA, Chicago Transit Authority. Wenn mir jemand erzählt hätte: ‘Tris, eines Tages, werden sie der Schlagzeuger dieser Band sein’, ich hätte gesagt: ‘Ja, natürlich. Und ich bin Napoleon.’ Ich hätte niemals daran geglaubt....."
Es würde 22 Jahre dauern, aber schließlich wurde Tris Imboden doch Chicagos neuer Schlagzeuger.

Gemäß den Produktionsbedingungen mit CBS hatte Guercio dreimal die Gelegenheit, verschiedene Labels für das Plattencover zu präsentieren. Er arrangierte auch die erste Präsentation von ‘Chicago Transit Authority’ im ‘Whisky A Go Go’ im August, aber CBS West Coast Division lehnte sie ab. Ein Monat später wurden sie von CBS wieder abgelehnt, Rückschlag zwei.

Das Geld wurde langsam knapp, und Guercio wurde gebeten, das zweite Album von ‘Blood, Sweat & Tears’ zu produzieren, eine Jazz-Rock-Gruppe von CBS. Er beabsichtigte, sein Einkommen von diesem Projekt für das Finanzieren von ‘Chicago Transit Authority’ bereitzustellen, damit endlich ein Weg zum Plattenvertrag mit CBS gefunden wird. Guercio brauchte aber die Erlaubnis der Band, um jemanden anderen zu produzieren.

„Jimmy rief mich an und bat mich, die anderen Bandmitglieder zu fragen, ob es o. k. wäre, wenn er ‘Blood, Sweat and Tears’ zweites Album produzieren würde," erinnert sich Parazaider. „Zuerst dachte ich: ‘....gut, Mann, das sind Hörner, aber was soll das?’ und ich sagte ihm meine Meinung. Er meinte: ‘Um die Wahrheit zu sagen, ich habe die Bläser nicht wirklich als eine ganze Bandsituation aufgenommen. Ich habe Hörner aufgenommen, die hierhin und dorthin in die Aufnahme einfügt wurden, oder ein paar kleine Schnipsel da und dort. Das war ein guter Weg für mich zu lernen, wie man Bläser aufnimmt.’ Ich glaube nicht, dass es ein Lippenbekenntnis war, denn er hatte die Bläser wirklich nicht direkt aufgenommen. Wir waren im Grunde eine Band mit voll integrierten Bläser in der Band, nicht als Hintergrundbläser. Ich hasse immer daran zu denken, wie der Bläsersound von ‘Chicago’ und ‘Blood, Sweat & Tears’ verglichen wird. ‘Blood, Sweat & Tears’ waren von Anfang an viel anders als wir und ihr Sound wurde oft kopiert, nachdem wir den ‘Chicago Horn-Sound’ hatten. Ich denke, die ‘Blood, Sweat & Tears’ - Bläser wurden auf eine ganz andere Art aufgenommen als unsere Bläser. In der Tat, wenn sie die zwei Bands vergleichen, würden sie sagen, sie sind wirklich eine Jazz-Rockband, wobei wir anders waren. Sie nannten uns eine Jazz-Rockband, nachdem ‘B,S&T’ verblaßten, aber wir waren im Grunde immer eine 'Rock ‘n Roll-Band mit Hörner'."

Statt des Risikos mit noch einer CBS- Präsentation schnitt Guercio eine Demo von ‘CTA’, und als die Benachrichtigung in die Industrie hineinkam, änderte CBS Präsident Clive Davis die Entscheidung der West Küsten- Manager und unterschrieb den Plattenvertrag.

Sieben Monate nach der Ankunft in Kalifornien, fast zwei Jahre nachdem sie sich in Parazaider’s Wohnung getroffen hatten, und nach mehr als ein angehäuftes halbes Jahrhundert Spielen und Üben, wurde den sieben Mitgliedern von ‘Chicago Transit Authority’ nun schließlich die Chance gegeben, der Welt zu zeigen, wer sie sind und was sie konnten.

In Januar ‘69 flog die Gruppe nach New York, um mit der Arbeit des 1.Albums anzufangen.
Nun gab es zwei Probleme, an die keiner gedacht hätte. Das erste war: Das Guercio- produzierte ‘Blood, Sweat & Tears’ Album wurde zuerst ein Flop (obwohl es später ein spektakulärer Hit wurde), der Status seines neuen Projektes, ‘CTA’, litt dadurch: Die Plattenfirma kürzte die Länge der Produktionszeit, welche die Band im CBS- Studio zur Verfügung hatte. Der Gruppe wurden nur fünf Tage für Basic-Tracking und fünf Tage für Overdubbing zugelassen. Und dann gab es noch das zweite Problem. Obwohl sie gut geprobt hatten, waren die Bandmitglieder nie zuvor in einem Studio gewesen.

„Wir gingen eigentlich ins Studio und wollten anfangen, ‘Chicago Transit Authority’ aufzunehmen und fanden aber gleichzeitig heraus, dass wir sehr wenig darüber wußten, was wir machten," sagt Walt Parazaider. „....ich machte kommerzielle Sachen in Chicago, aber das war eine total andere Situation für uns. Der erste Song war ‘Does Anybody Really Know What Time It Is?’. Wir versuchten es Live aufzunehmen, alle zusammen im Studio auf einmal. Wie zur Hölle bringen sie sieben Kerle dazu, das erste Mal im Studio richtig zu spielen? Ich erinnere mich, ich stehe in der Mitte dieses Raumes. Ich konnte keinem ins Gesicht schauen, aus Angst, ich würde sie ablenken oder sie mich. Es ist verrückt, wie es klappte. Nachdem es das erste Mal nicht so richtig klappte erkannten wir, dass zuerst der Rhythmusteil kommen mußte, dann die Hörner, und genauso praktizierten wir im Grunde bei vielen unserer Plattenaufnahmen."

Aber das gewaltige Material der Band paßte nicht auf eine damalige Standard 35-Minuten -LP. Die Band hatte mehr als genug Stoff für ein Doppelalbum.
Wenn sie es selbst entscheiden könnten, schien ihnen die Zeit recht zu geben. Anfang 1969 war eine Periode, wo Rock ‘n Roll so seriös wurde, wie man es vor einigen Jahren nie geahnt hätte. Die Beatles hatten gerade ihr neues Doppelalbum ‘White Album’ veröffentlicht und es wurde auch die hochheilige drei- Minuten- Begrenzung für eine Single durchbrochen durch die Veröffentlichung des über sieben Minuten langen ‘Hey Jude’.

Als von der Absicht erzählt wurde, eine Doppel-LP zu machen, sagte Columbia zu Guercio, eine Doppel-LP könnte nur realisiert werden, wenn die Tantiemen der Band gekürzt würden. Die Band stimmte zu.

‘Chicago Transit Authority’ ist eine Zeitkapsel der populären Musikstile von den späten '60'er, mit ‘CTA’s eigenem einmaligen Geschmack. Man kann auswählen aus den Gruppen Klassik, Jazz, R&B und Pop, es gibt Hinweise auf die Beatles sowie Jimi Hendrix. Man kann der Band’s eigene Geschichte hören: Kath’s ‘Introduction’, welches in der Tat die Band einführt (‘We're a little nervous’), ist ‘CTA’s eigene Version von einer Art funky Bar-Band hochgebracht von ‘Sly and the Family Stone's’ ‘Dance To The Music’ oder ‘Archie Bell and the Drells' ‘Tighten Up.’ Mitten im Song geht man von der Bar zum Wohnzimmer und man hört tolle Bläser, und Momente späteres ist man in einer Konzerthalle, und man hört das heulen des Rockgitarren- Solos von Kath.

‘Does Anybody Really Know What Time It Is?’ startet mit einem akustischen Pianosolo, es erinnert an ‘Erik Satie’ und ‘Art Tatum’, während der Song selbst ein helle Popmelodie mit typischer Anti-Establishment-Lyrik kombiniert. ‘Questions 67 And 68’ beinhaltet eine stattliche Bläserstaffelung mit manchen heißen Gitarrenriffs und einen musikalischen Rhythmus, der an Popsongs wie ‘Jimmy Webb’s’ ‘MacArthur Park’ erinnert. Durch alle diese Zutaten, hier sind die intensiven Bläser, der kultivierte Rhythmus verändert sich mit aufschreckenden musikalischen Nebeneinanderstellungen, die wechselnden Gesangstimmen: sanft (Lamm), hoch steigend (Cetera), und seelenvoll (Kath), wird ein Sound entwickelt, der das Kennzeichen des klassischen Chicago- Sounds wird.

Veröffentlicht im April 1969, wurde ‘Chicago Transit Authority’ von den neuen mächtigen FM Rockalbum Stationen gespielt, besonders ‘College-Radio’.
„’AM-Radio’ wollte uns nicht spielen, weil wir anders waren," sagt Pankow. „Sie waren nicht dazu fähig, unsere Musik einzuordnen. Sie war auch anders, und die Songs auf dem Album waren so lang, dass sie wirklich nicht für Radiostationen geschneidert waren, außer wenn sie bearbeitet würden, und wir wußten nichts über das Bearbeiten. Eigentlich veröffentlichten wir drei Singles vom ersten Album. Wir bearbeiteten drei Songs und veröffentlichten sie, aber ‘FM-Radio’ wollte diese Musik nicht spielen. Das Album wurde so ein Underground-Hit, und ‘FM-Radio’ wurde von dem College-Publikum der späten 60er bedrängt. Auf einmal entdeckten die College-Campusse um das Land ‘Chicago’, und es war geschafft. Das war der Anfang. Wer unsere Musik nicht hörte, war nicht Hip. Es waren die College-Schüler, die durch Mundpropaganda dieses Album so zu einer unglaublichen, enormen Hauptstütze für die Pop-Charts machten."

Am 17. Mai 1969 zog das Album in die Top-LP-Chart’s des Billboard-Magazins ein, und erreichte schließlich seinen Höhepunkt bei Nr.17. Ende 1972 hatte es 148 Wochen in der Hitliste gestanden (und das war nicht das Ende seiner totalen Laufzeit), es wurde zum längsten laufenden Hit-Album einer Rockgruppe zu dieser Zeit.

Im Dezember war ‘Chicago Transit Authority’ noch ohne Hit-Single, aber das Album erreichte in den Verkaufslisten Gold, und ‘Chicago’ wurde eine berühmte Band. Es veränderte ihr Leben.
„....unser Lebenstraum war, einen Hit zu bekommen," sagt Parazaider. „Es war schon erstaunlich, weil wir engste Freunde waren, die alle zusammen dieses ganze Durcheinander von der Abreise von Chicago bis zur Ankunft in L.A. mitgemacht hatten, in einem jungen Alter, beim Verlassen unserer Familien, gerade als der Würfel rollte. Wir hielten letzten Endes immer zusammen, jedermanns Ego war unter Kontrolle. Ich denke, für einige in der Gruppe war es schwieriger, mit dem Erfolg zurechtzukommen als bei anderen. Ich denke nicht, dass es irgendeinen von uns gab, der sich an dem Tag im Februar ’67 an den Tisch in meiner Küche hinsetzte und sagte: ‘Hey, unser Ziel ist es, berühmt zu werden!’. Die eine gute Sache, die uns zu helfen schien: Wir waren die gesichtslose Band hinter diesem Logo."

Obwohl die Kritiker ihre Absichten immer mißdeuteten, Chicago’s Logo und seine Gesichtslosigkeit waren sehr im Trend im Stil der späten ‘60er Gruppenanstrengungen, die über dem Individuum des einzelnen Egos stand. (Zur Erleichterung der armen Leute, die ihre Briefe auf Zeltbahnen schreiben mußten, kürzte die Gruppe während ihres ersten Jahres ihren Namen einfach auf ‘Chicago’ ab.

Anfang Dezember flog Chicago nach London, um eine 14-Tägige Europatour zu starten.
Robert Lamm erinnert sich bei dieser Tour besonders gern an das dankbare Publikum, es mochte gleich ihre Musik und war ernsthaft dabei.
„....sogar wir waren darüber nicht bewußt, wie unruhig und verschieden das erste Album war," sagt er. „Wir taten das, was wir immer machten, und hofften, dass es gut genug für andere Leute war, die merkten, dass unsere Musik anders ist. Aber sobald internationales Publikum das Album hörte, wurde es auf uns aufmerksam. Wir spielten in Clubs überall in Europa, und das Publikum erwärmte sich dafür viel bereitwilliger als wir es irgendwo in den Staaten erfahren haben. Als wir zurückkamen, das Album hatte mittlerweile Gold-Status, publizierten wir noch ein bisschen, aber da war immer noch das Gefühl, dass unser amerikanisches Publikum nicht das bekam, was es wirklich wollte. Sie machten unsere Band populär, aber wir bezweifelten, dass sie unsere Musik wirklich akzeptierten. Ich denke an unsere Auftritte in Europa, wo wir mit künstlerischem Respekt behandelt wurden, hier wurde unser Auge geöffnet und wir wurden wirklich als Band bestätigt. Hier erkannten wir, dass das, was wir machten, richtig und künstlerisch war, besser als diese Popware in den Staaten, wegen des Publikums, der Presse, und der Art, wie die Plattenfirma mit uns umging. Dieser Erfolg in Europa und unser Gefühl, dass wir wirklich als Künstler respektiert wurden, half uns mehr als alles andere bis zum heutigen Tag."

Zwischen der Tournee im August ‘69 hatte Chicago die Zeit gefunden, das zweite Album aufzunehmen. Lamm schrieb einen der ersten Songs für das Album, ‘25 Or 6 To 4’, ein Song mit einem Text, über dessen Bedeutung Chicagofans lange diskutierten. Welche Bedeutung hat der Titel? „Es ist ein Hinweis zur Zeitangabe des Tages," sagt Lamm. Und der Text: „Der Text beschreibt das schreiben eines Songs. Er ist nicht mystisch."

Möglicherweise war das ehrgeizigste Stück auf dieser Platte Pankow’s ‘Ballet For A Girl In Buchannon’, das den Klang der ganzen LP beeinflußte. „Die zweite Platte hatte mehr eine klassische Ader," sagt Parazaider, „wohingegen das erste Album wirklich eine rauhe Sache war. Das zweite schien ein wenig mehr poliert".
„Ich bin von Klassikern inspiriert worden," sagt Pankow über sein ‘Ballett’. „Ich kaufte mir die ‘Brandenburgischen Konzerte’, und ich hörte mir diese Musik eine Nacht an. Ich dachte: ‘Mann, wie cool! Bach schrieb vor 200 Jahren diese Musik, und sie kocht noch immer. Wenn wir einen Rock ‘n Roll- Rhythmusteil mit dieser Musik kombinieren würden, es könnte echt cool sein.’ Ich war auch ein großer Stravinsky Fan. Sein Material ist klassisch, doch es beeinflußte das ‘Ballett’ sehr. Wir waren unterwegs, und ich hatte ein Fender-Rhodes Piano im Hotel. Ich verfing mich beim spielen an irgendeinen ‘Arpeggios a la Bach’, und herauskam ‘Colour My World’. Es ist zwar nur ein einfaches 12-Takt Muster, aber es war schön fließend. Dann rief ich Walt ins Zimmer und sagte: ‘Hallo Walt, willst du mit deiner Flöte dazu spielen?’, und so führte die eine Sache zur anderen. Diese Stücke waren zusammenhanglos, aber ich mochte sie alle, und schließlich wurden sie so miteinander verbunden, in Kombination von Sequenz und Zwischenspiel".

Das zweite Album wurde auch das Debüt eines neuen Texters in der Band, obwohl die Umstände, unter denen er es wurde, eher unglücklich waren. Während einer Tour-Pause im Sommer ’69 ging Peter Cetera zu einem Baseball-Spiel im Dodger-Stadium von Los Angeles. „....vier Marinesoldaten mochten keinen langhaarigen Rock ‘N’ Roller in einem Baseball-Park," erzählt Cetera, „....und natürlich war ich ein Cub-Fan, und ich war im Dodger-Stadium, und das war nicht gut so. Es kam zum Kampf mit den Soldaten. Das Ergebnis davon war, dass mein Kiefer an drei Stellen gebrochen war, und ich ein par Tage im Krankenhaus lag."

Das Ereignis hatte zwei verschiedene Auswirkungen auf Cetera’s Karriere. Die erste war eine Wirkung auf seinen Gesangstil. „Die einzige lustige Sache, an die ich über das ganze Ereignis denken kann," sagt er, „ist, wie ich mit meinem verdrahteten Kiefer wieder singen konnte, ich sang mit zusammengepressten Kiefer ab diesem Tag, und das ist bis heute immer noch die Art, mit der ich singe."

Die zweite Auswirkung des Ereignisses war Cetera’s erste Komposition. Mit einem gebrochen Kiefer hatte der Sänger viel Zeit. „....ich lag in meinem Bett, als sie auf dem Mond landeten, und ich packte meinen Bass, spielte eine kleine Sequenz und fing an, ‘Where Do We Go From Here’ zu schreiben. Ich denke, Walter Cronkite hatte das mal gesagt, und ich dachte: ‘Mensch, wo gehen wir hier hin?’ So schrieb ich über diese Sache, über mich, über die Welt und über alles im allgemeinen, und so war meine erste Komposition entstanden."

Das zweite Album warf auch einen direkten Blick auf die politische Situation. Chicago hatte auf ihrem ersten Album Protestgesänge von den Yippie Demonstranten außerhalb der Demokratischen Convention von 1968 aufgenommen. Die Anmerkungen des zweiten Albums (verfasst von Robert Lamm) widmeten hingebungsvoll das Album, die Band-Mitglieder, ihre Zukunft, und ihre Energien ‘Den Leuten der Revolution und der Revolution in all seinen Formen’.

Die Entwicklung von Lamm’s politischer Meinung wurde von den letzten Monaten in ihrer Heimatstadt im Frühling ‘68 beeinflußt. „Chicago war eigentlich wie ein Kochkessel," erinnert sich Lamm. „Während den letzten Monaten, die wir dort waren, gab es viel Unruhe und Nationale Wachtrupps durchkreuzten die Straßen. Das war vor der Demokratischen Convention, und die Stadt war aufgeregt und hatte schon eine eingebaute Angst von den, wenn nicht Yippies, wenigstens Hippies, und wir erfuhren es, weil wir in den Clubs spielten. Ein paar von uns kamen in Situationen, wo sie beim Verlassen der Clubs durch die Strassen liefen, besonders durch die Rush-Street-Aera, es gab viel Angst, die den Intellektuellen zugeschrieben wurde. Die erste dunkle Ahnung von mir war, das etwas so einfaches wie lange Haare als eine politische Behauptung analysiert werden konnte. Ich lenkte dann meine lohnende Aufmerksamkeit zu den Anti-Vietnam-Krieg Protesten, viel von der Rhetorik von dem hin- und her zwischen den Mitgliedern unser Regierung und den Leuten, die im Showbusineß bekannt waren, und den Medien, die erklären, ob sie gegen oder für den Krieg waren. Es gab in dieser Art jeden Tag viel zu entdecken."

Nachdem die Band in Kalifornien war und mit dem Songschreiben weitermachte, beeinflußte Lamm’s Weltansicht auch seine Song-Lyrik. In Songs wie ‘It Better End Soon’ und ‘Does Anybody Really Know What Time It Is?’ reflektierte er alle Arten von Fragen: politische, gesellschaftliche und philosophische, damit die jungen Leute im Land selbst damit anfingen, Fragen zu stellen.

„Ich bin nicht genau sicher, warum ich über andere Sachen schreiben konnte ohne romantische Themen den Vorrang zu geben," sagt Lamm, „...aber ich denke, gerade weil ich jene Zeiten miterlebte und den Konflikt in Asien beobachtete, der täglich im Fernsehen gezeigt wurde, wir alle saßen herum und schauten viel Fernsehen, dann der Kulturschock vom Umzug von Chicago nach Kalifornien. Und dann die alternative Presse, die L.A. Free Press, war sehr in das heiße Thema der Revolution verwickelt. Es schien, das die Generation, von der ich ein Mitglied war und die Generation der neuen Gruppen eine Verbindung hatte, und somit war es natürlich, mit ihnen meist gleicher Meinung zu sein. Als Dummheit (er lacht) erwiesen sich vielleicht einige von meinen Meinungen und jene von einigen meiner Zeitgenossen, man fühlte aber, dass man das Richtige tat, und daher war es auch richtig, dass viele Bands dieser Zeit ihre Idee ausdrückten: Von der durchschnittlichen Person, die eine bestimmte Menge von Courage hat, und Courage vielleicht genug, um die Politik der Regierung zu boykottieren und gegen den Krieg zu protestieren."

Gleichzeitig ereignete sich ein Zusammenfluß von Musikgeschäft und politischen Bewegungen.
„Wir begannen 1969 in Universitäten und Colleges zu spielen," erinnert sich Lamm, „und sehr oft wurden jene Konzerte auch als ein Sprungbrett für politische Versammlungen benutzt. In anderen Worten, jeder kreuzte auf, um sich bei der Show zu zeigen, und dann gingen sie und redeten über die Antikriegs-Bewegung oder von der abstrakten Vorstellung der eigentlichen Revolution. Dann spielten wir auf den Popfestivals, die ein Schmelztiegel von allem waren, alles mögliche von freier Liebe und Drogen, sie wurden benutzt zur Informationsverbreitung der Anti-Krieg-Bewegung, des politischen Klimas, und den gesellschaftlichen Fragen. Es war echt schwieriges Zeug für alle, weil niemand wußte, wie es zu packen sei, aber wir alle hatten ein Gefühl, dass es irgendeine Macht gab, gerade nur durch die bloße Anzahl von uns."

Zurückblickend sagt Lamm: „Ich denke, es hat eine Revolution gegeben. Sie sind vielleicht nicht einverstanden mit dem Begriff ‘Revolution’, aber für uns als späte Teenager oder frühe 20'er war dies sicher ein sexy Wort".
Natürlich suchten die politischen Aktivisten zu dieser Zeit eine idealistische und störende Revolution, die ‘das System’ ersetzen sollte. Lamm denkt, die eigentliche Revolution war weniger konkret, aber vielleicht überzeugender.
„In meiner Sicht war die Hoffnung vom Paradies und Frieden auf Erden, was wir inbrünstig glaubten, nicht utopisch," sagt er, „und das, was wirklich passierte, war etwas feineres und nicht so rauh, wie man sich eine Revolution eigentlich vorstellt. Ich glaube, dass es so ganz allmählich passierte und das wir es deshalb noch nicht wahrgenommen haben. Nehmen sie nur etwas so alltägliches wie Musik (er lacht), es gibt da eine ganze junge Generation von Rap-Künstlern, die alles sagen, was sie wollen und vermitteln es eigentlich in politischer und gesellschaftlicher Form, und Leute aller Kulturen hören es, und diese Form von Protest hat innerhalb des Systems geblüht, und es wird angenommen, und größtenteils ist es okay, außer beim extremen rechten Flügel."

Das offensichtlichste Beispiel der sozial/philosophischen Revolution von Lamm sind die Änderungen, die seinerzeit von den Bürgerrechts- und Antikriegsbewegungen erreicht wurden.
„Ich hasse es, auf der ganzen rassistischen Sache herumzureiten, aber ich glaube, es ist wahrscheinlich der leichteste Weg, die Sachen zu nennen, die sich immens seit den ‘60er verändert haben." sagt er. „Offensichtlich sind sie für die Farbigen in diesem Land noch nicht perfekt, sondern sie sind nur viel anders. Wir denken nicht mehr so vom schwarzen Mann in der Weise, wie wir es 1969 taten. Wir taten es nicht gerade. Der Stereotyp hat sich 180 Grad verändert. Dann sind bestimmt viele Leute, die an der Front waren, ob Bürgerrechtsbewegung, Studentenaufstand, oder die Antikriegsbewegung, jetzt in der Regierung. Sie können nun sagen, dass sie jetzt doch im System integriert sind, aber ich denke zurückblickend, war es Phantasie daran denken, dass sie das System ersetzen konnten. Sie konnten nicht das System ersetzen, aber sie konnten das System verändern."
Vielleicht ist damit die Revolution in wenigstens einigen ihrer Formen vorangekommen.

Im Januar 1970 wurde das zweite Album veröffentlicht. Anstatt ein Bild von der Band auf dem Cover und einen Titel der Songs abzubilden, hatte es nur das auffällige Logo der Band darauf und wurde genannt: ‘Chicago II’. Von Anfang an wurde Chicago in einem leicht erkennbaren Styling der Öffentlichkeit präsentiert. Die Albumcovers wurden beaufsichtigt von John Berg, dem Kopf der Kunstabteilung bei Columbia-Records, und Nick Fasciano entwarf das Logo, welches jedes Albumcover im Gruppenkatalog schmückte.

„Guercio beharrte auf das Logo, weil das für ihn der künstlerische Faktor war." sagt Pankow. Obwohl das Kunstwerk sehr von Cover zu Cover variierte. So konnte das Logo geschnitzt in einer rauhen hölzernen Tafel erscheinen, wie auf ‘Chicago V’, oder geprägt in einer kunstvollen Lederarbeit, wie ‘Chicago VII’, oder es wird eine appetitliche Schokoladentafel für das ‘Chicago X’- Cover, das ein ‘Grammy Award’- Gewinner war.

Und dann waren diese sequentiellen Albumtitel.
„Die Leute fragten mich immer, warum wir unsere Alben durchnumerierten," scherzt Cetera, „und der Grund ist, weil wir uns immer darüber stritten, wie wir sie nennen sollten. ‘O.K, III, O.K., IV’!’"
Eigentlich versuchte es die Band nie, die Alben zu betiteln, ein Beweis, dass die Musik für sich selbst sprach.
In kommerzieller Hinsicht war die bedeutende Änderung, die mit ‘Chicago II’ kam, Chicago’s Öffnung zum Singlemarkt. Im Oktober 1969 hatte Columbia ‘Beginnings’ als Single veröffentlicht, aber ‘AM-Radio’ war daran nicht interessiert, und die Platte erschien nicht in den Hitlisten. All dies veränderte sich aber, sobald das Label sich zwei Lieder aussuchte, ‘Make Me Smile’ und ‘Colour My World’ von Pankow’s ‘Ballett’ und veröffentlichte sie als die zwei Seiten einer Single im März 1970.

„Ich fuhr in meinem Auto den Santa Monica Boulevard in L.A. entlang," erinnert sich Pankow, „...und ich drehte am Radio eine KHJ und ‘Make Me Smile’ begann. Ich baute beinahe einen Unfall: ‘Tatsächlich, es ist mein Song!’, und ich höre es auf der größten Station in L.A. Ab diesem Zeitpunkt wußte ich: ‘Hallo, wir haben eine Hitsingle!’ Sie würden sie nie in L.A. spielen, außer wenn es ein großer Hit wäre. Damit war dies einer der aufregenderen Momente in meiner frühen Karriere."

Die Single erreichte die Top-10, während ‘Chicago II’ sofort Gold bekam, Platz 4 auf den LP-Charts erreichte und sogar noch das erste Album begünstigte, es verkaufte sich dadurch auch noch gut. Eine zweite Single, Lamm’s ‘25 Or 6 To 4’, war ebenso ein großer Hit im Sommer 1970, sie erreichte Platz 4.
Aber anstatt aus dem zweiten Album eine dritte Single herauszukoppeln, entschieden sich Columbia und Chicago, das Interesse auf das wieder- zustimulierende erste Album zu lenken, und man war dabei erfolgreich. Die nächste Single der Gruppe war ‘Does Anybody Really Know What Time It Is?’, es wurde ihr dritter Top-10 Hit nacheinander seit 1971.

„Um ganz ehrlich zu sein, ich glaubte bis zu dieser Zeit nicht daran, dass Leute echt dazu bereit waren, Bläser in der Weise sich anzuhören, wie wir es taten," sagt Parazaider. „Aber nachdem sich unser Ruf sich mit den großen Bläser-Hits wie ‘25 Or 6 To 4’ oder ‘Make Me Smile’ gefestigt hatte, brach das Eis, und sie nahmen unser Material an, das leichter aufgenommen wurde als ein Jahr davor."

Ironischerweise kostete Chicago’s verspäteter Single-Erfolg der Gruppe ihren ‘Underground-Ruf’.
„Auf einmal," erinnert sich Loughnane, „sagten die Leute, wir betrieben Ausverkauf. Die gleiche Musik! Genau die gleichen Lieder!"

Im Januar 1971 hatte Chicago wieder Zeit gefunden, ein neues Doppelalbum aufzunehmen.
Das dritte Album machte uns Angst," sagt Parazaider, „weil der Materialüberschuß uns im Grunde ausgegangen war, und wir waren noch viel unterwegs. Wir hatten Angst, dass wir uns ein klein wenig unter dem Limit bewegten, um ein Album herzustellen. Aber ich glaube nicht, dass es was ausgemacht hat."
„Das ganze Album war mehr abenteuerlicher in Hinsicht auf musikalischer Erkundung als die ersten zwei Alben," sagt Pankow. „Robert schrieb eine Menge von intensiven Material."
Cetera bog seine Muskeln und schrieb wieder einen Song.
„Danny und ich kamen eines Nachts zusammen, und ich sagte: ‘Ich mache diese kleine Sache, damit ich endlich wieder zu arbeiten anfange,’" erinnert er sich. Das Ergebnis war ‘Lowdown’, es wurde die zweite Single von ‘Chicago III’. (Die erste war Lamm’s ‘Free’.) „Ich bin heute noch stolz darauf," sagt Cetera.

Nach den Singles von ‘Chicago III’ kam ihr Kurs ins laufen und sie verhalfen dem Album zum Chart-Erfolg auf Platz 2, und als es Gold wurde, wandte sich Columbia zum ersten und zweiten Album , die immer noch in den Hitlisten waren, und wieder- veröffentlichte die Singles ‘Beginnings’ und ‘Colour My World’ und dann ‘Questions 67 & 68’.
„Sie wurden alle Hits," bemerkt Loughnane, „...bis zu dem Punkt, wo das Radio sagte: ‘Wenn sie noch irgendetwas vom ersten Album veröffentlichen, werden wir nie mehr einer ihrer Platten spielen.’"

Mit ihren ersten drei Alben erreichte Chicago erstaunlichen populären Erfolg. Alle drei Doppel-LP’s waren noch überall in den Charts von 1971, und Hits kamen von jedem einzelnen. Aber wie konnte man das noch steigern? In Oktober veröffentlichte Columbia eine großzügige Vier-LP-Box , die den einwöchigen Auftritt der Gruppe vom 5-10 April in der Carnegie-Hall dokumentierte.

‘Chicago At Carnegie Hall’ wird der Band noch lange in Erinnerung bleiben.
Cetera sagt, dass gerade das ganze extra Sound-Equipment die Band hemmte.
„Innerhalb der ersten zwei oder drei Lieder der Eröffnungsnacht, ich singe und spiele, und plötzlich geht die Lautstärke meines Basses erheblich zurück," erinnert sich Cetera. „...ich drehe mich herum, und da ist ein Roadie, der an meinen Knöpfen herumspielt. Ich wundere mich: ‘Was zur Hölle machst du da?’ Er meint: ‘Nun, der Sound-Truck hat mich beauftragt ihnen zu sagen, dass sie den Bass leiser stellen sollen. Und weil ich es Ihnen nicht erzählen konnte, machte ich es halt’ selber.’ Das ist etwas von der Art, was mit jeden von uns passierte."

„Ich hasse es," sagt Pankow. „Die Akustik der Carnegie Hall wurde niemals für verstärkte Musik konstruiert, und die Bläser klangen nach der Verstärkung wie 'Kazoos'."
Parazaider aber notiert mit Stolz, dass das Album einen Meilenstein für die Gruppe markiert, denn sie waren die erste Rockgruppe, die es schafften, die Carnegie Hall für eine Woche auszuverkaufen.
„Das war eine aufregende Woche," fügt Lamm hinzu, „um tatsächlich einmal in der Carnegie Hall spielen zu können."

Lamm bekam die Chance, seinen Song ‘A Song For Richard And His Friends’ zu präsentieren, der auf ‘Chicago V’ erscheinen sollte. Der April ‘71 war lange Zeit vor Watergate, und der Rücktritt eines amerikanischen Präsidenten war unvorstellbar, aber das hinderte Lamm nicht daran, Richard M. Nixon einen hilfreichen Vorschlag anzubieten.
„Ich liebe dieses Lied," sagt Lamm, „und später machte ich davon eine Version für mein erstes Soloalbum, ‘Skinny Boy’, obwohl es am Ende doch nicht darauf veröffentlicht wurde. Im Anhängsel-Refrain fügte ich den Satz ‘Danke, John Dean’ hinzu.(Dean war der Präsidenten-Assistent, der die Pfeife für Nixon blies.) Mir erzählte einer der berühmtesten Psychiater von Los Angeles, dass ich psychisch bin, ich wußte es bisher nicht."

Wegen der Herstellungskosten mußte Manager/Produzent Guercio mit Columbia kämpfen, um das Album zu veröffentlichen. Er stimmte dem Punkt zu: Wenn sich das Album weniger als eine Millionen Einheiten verkaufe, müßte er die Extrakosten übernehmen. Diese Rechnung ging nie auf.
‘Chicago At Carnegie Hall’ bekam Gold und dem Verkauf wurde seitdem zwei Millionen Kopien bescheinigt. (Der aktuellen Politik des ‘Record Industry Association of America’ zufolge, der jeden Tonträger in einem Multidisc-Satz individuell zählt, würden tatsächlich dem drei- CD Album sechs Millionen Kopien bescheinigt werden.)

„Wenn ich mir einiges vom ‘Carnegie-Hall-Album’ anhöre, ist es echt gut," sagt Loughnane. „Es gab viel gutes Material, aber es gab viel Zeug, mit dem ich unglücklich war, und ich dachte nicht, dass es veröffentlicht werden sollte, aber so war es halt. Es gibt eine Geschichte hinter diesem Album. Die Story, das Marketing, all dieses Zeug, das davon handelte. Das Programm, die Bilder des Gebäudes, die Graphiken, all das waren Teile von dem Charisma, und es funktionierte. Aber ich glaube, dass wir heute große Live-Alben machen könnten. Mir würde es Spaß machen."

Obwohl Chicago schon vorausgehend Europa und dem Fernost besucht hatte, ihre erste originale Welt-Tournee starteten sie im Februar 1972.
„Wir spielten in 20 Tagen in 16 Länder," erinnert sich Walt Parazaider. „...es ist dieser alte Film: Wenn es Dienstag ist, ist es Belgien. Die Leute sagten: ‘Sie zogen um die Welt, sie spielten in all jenen Ländern.’ Ich sage: ‘Ja, ich erinnere mich an einige der Zimmerdecken in einigen der nettesten Hotels von Europa.’ Aber wir wurden ein internationaler Erfolg, und das war toll, weil die Leute in aller Welt wirklich unsere Musik liebten. Und es gibt nichts schmeichelhafteres für Musiker, als jemanden zu haben, der ihr Lied mitsingt, wenn sie in Deutschland, Australien oder Japan sind. Wir bestaunten es. Wir mußten uns kneifen, weil wir diesen großen Erfolg hatten."

Höhepunkt der Tour war in Japan, wo Chicago noch ein Live-Album aufnahm, das dem ‘Carnegie Hall Album’ überlegen war.
„Der Japaner arbeitete mit zwei Achtspur-Maschinen und verband sie, um 16 Spuren zu machen," sagt Parazaider. „Die Klangqualität war ausgezeichnet." Die Doppel-LP wurde seinerzeit nur in Japan veröffentlicht, aber sie ist jetzt bei ‘Chicago Records’ auf CD verfügbar.

Chicagos nächstes Studioalbum markierte eine Änderung der LP-Politik, wie man sie von ihren ersten drei Studioalben gewohnt war. Zunächst einmal: ‘Chicago V’, veröffentlicht im Juli 1972, war nur ein einzelnes Album. Dann wurden die längeren Instrumentalparts vergangener Alben kürzer gehalten, übrig blieben neun relativ straff arrangierte Songs.
James Pankow erklärt, warum die Band sich veränderte: „In der Zeit dieser Veröffentlichung hatte das Radio angefangen, sich zu verändern," bemerkt er. „FM Radio wurde kommerzieller, und es begann, mit Formaten zu handeln. Diese Band hat nie gesagt: ‘Setzen wir uns hin und schreiben ein Album mit Hit-Singles!’ Das war nicht gerade der Weg, wie wir die Sachen erledigten."
Aber sie wußten, dass sich die Dinge veränderten.

Lee Loughnane deutet mit einem wenig bekannten Business-Grund an , warum mit der Ausnahme von ‘Chicago VII’ die Gruppe aufhörte, Doppel-LP’s zu machen, die viele Kompositionen enthielten: „Die Sache, die sich wirklich veränderte, ist in einer bedeutsamen Weise der Weg, wie wir für unsere Song-Urheberrechte bezahlt wurden," sagt er. „Als wir jene Doppel-LP’s veröffentlichten, gab es keine Einschränkung bei den Songs und den Urheberrechten. Dann aber entschieden sich die Gesellschaften dafür, dass sie nur zehn Urheberrechte pro LP zahlen werden, egal wie viele Songs es gab."
Die neue urheberrechtliche Regel begünstigte zu dieser Zeit einige Musiker, die als Künstler ausgedehnte seitenlange Kompositionen manchmal aufnahmen. Aber Chicago, welche schon vorher ihren Fans extra Wert für ihr Geld auf Doppel-LP’s gegeben hatte, litt dadurch.
„Wir wollten Songs schreiben, die ausgedehnt sind und alles aussagen, was wir wollten," bemerkt Loughnanne. ’VII’ war die letzte Doppel-LP und ich denke nicht, dass jemals noch eine Doppel-LP herauskommt, weil es keinen Grund dafür gibt. Finanziell verloren wir alle davon."

An ‘Chicago V’ wird man vielleicht am besten zu Lamm’s ‘Saturday In The Park’ erinnert.
„Ich wohnte mit ihm zusammen, und wir waren am 4. Juli in Manhattan," erinnert sich Parazaider. „...Robert kam sehr aufgeregt vom Central Park zum Hotel zurück, nach den Darbietungen der Steel-Drum Spieler, Sänger, Tänzer, und Jongleure. Ich sagte: ‘Mann, es ist Zeit, das in Musik umzusetzen!’"
Lamm hatte seiner Abenteuer im Park gefilmt, später bearbeitete er den Film und schrieb ‘Saturday In The Park’als eine Art von Spielergebnis.

Das Album verkaufte sich sehr gut und war neun Wochen in den Charts, als erstes von fünf Chicago Alben erreichte es Platz 1. ‘Saturday In The Park’ wurde die erste Goldsingle der Gruppe und stieg auf Platz 3.

Als ‘Chicago V’ hoch in den Charts stand, machten die Band und ihr Produzent vom vielen Reisen und den Aufnahmen eine Pause, und arbeiteten weiter an dem Film ‘Elector Glide in Blue’ (Harley-Davidson 344), in dem Guercio selbst Produzent war und Regie führte Der Film wurde in Arizona gedreht und hatte als Hauptdarsteller Robert Blake zu bieten, es spielten von Chicago die Mitglieder Terry Kath, Lee Loughnane, Walt Parazaider, und Peter Cetera mit. Guercio schrieb auch das meiste des Soundtracks, welcher von Kath, Parazaider, Loughnane, Pankow und von einigen L.A.' s Top-Studio-Musiker gespielt wurde.

In Oktober 1972 wurde eine zweite Single von ‘Chicago V’ veröffentlicht, Lamm’s ‘Dialogue (Part 1&2)’, gesungen von Kath und Cetera. Der Song wurde ein unmittelbarer Favorit bei den Fans.

 
1973-1977: Caribou - Die Jahre der Anpassung

Guercio kaufte inzwischen eine Ranch in Colorado und baute dort ein Aufnahmestudio, das er ‘Caribou’ nannte. Er versuchte damit, die Kosten und Beschränkungen sowie das überholte Equipment von den New York Studios zu vermeiden.
„Wir waren ein bißchen ermüdet von den Aufnahmen in New York, mit den Dienstmädchen, die in den Hotels die Zimmertüren zuschlugen," sagt Parazaider. „Das sechste, siebte, achte, zehnte und elfte Album wurden alle in der ‘Caribou-Ranch’ gemacht, 8,500 Fuß hoch in den Rockies, über eine Stunde außerhalb jeden Gebäudes."

Die Ranch war beabsichtigt, um die ununterbrochene Arbeit zu erleichtern, aber nach zwei oder drei Wochen Aufenthalt wurden die Stadt- gezüchteten Kerle so langsam nervös. Sie konnten die ganze Natur und Stille nicht verdauen. Aber die Ranch half dem Fokus der Gruppe, damit wurde der Klang und die gesamte Qualität von ihrer Arbeit verbessert. Die ersten Früchte des neuen Studios wurden im Juni 1973 veröffentlicht in der Form der Single ‘Feelin' Stronger Every Day’ und dem Album ‘Chicago VI’. In ‘Feelin' Stronger Every Day ging es um eine Beziehung, Pankow sagt aber: „Mit einer Beziehung verglichen ist es fast genauso, wie die Band sich derzeit fühlt, sie fühlt sich stärker als je zuvor."
Pankow’s Song ‘Just You ‘N’ Me’, der als des Album zweite Single veröffentlicht wurde und welcher Gold und Top 1 in der Cash Box-Chart (Platz 4 in Billboard) wurde, war eine von Chicago denkwürdigsten Balladen und sehr ein Vorbote der Zukunft.
„Gerade ‘Just You ‘N’ Me’ war das Ergebnis eines Partnerstreits," erinnert sich Pankow. „Ich war mit einer Frau verlobt, die meine Ehefrau für über 20 Jahre wurde. Wir hatten eine Uneinigkeit, und lieber das ich die Faust durch die Mauer schlug oder verrückt wurde, ging ich hinaus zum Piano und dieser Song wurde geschaffen. Wir heirateten in Kürze danach, und die Bleiplatte dieses Liedes war die Ankündigung für die Hochzeit, mit unserem Bild, das auf ihr geprägt wurde."

Nachem Chicago sich im Herbst 1973 in der Caribou-Ranch traf, um ihr siebtes Album aufzunehmen, sollte die anfängliche Absicht ein Jazzalbum sein, mit den resultierenden ‘Ialian In New York’, ‘Aire’, und ‘Devil’s Sweet’, die von Lamm, Seraphine, Parazaider, und Pankow beigetragen wurden. Pankow brachte noch eine prächtige Ballade hinein, obwohl diesmal sein Thema jenseits von Romanzen angesiedelt war.
‘(I’ve Been) Searchin’ So Long’ ist ein Song über mich selbst," sagt er. „Ich spreche nur über das, wer ich war und wie ich mich zur Zeit fühlte. Die 70'er waren eine Zeit für Seelensuche."

Cetera, der nie behauptete, Jazzmusiker zu sein, wurde durch das Konzept des Albums und seinem bescheidenen Beitrag als Texter entmutigt. Er präsentierte Guercio die leicht Latin- getönte Ballade ‘Happy Man’.
Weiß man, über was die Leute reden, wenn sie solche Gedankenblitze bekommen?" fragt Cetera. „...es passiert halt’ plötzlich. Öfters wird ein Lied gerade aus ihren Mund herauskommen, die Wörter und alles. Sie erinnern sich daran oder holen es aufs Band auf, und wenn das passiert, ist das der wichtige Teil. ‘Happy Man' entstand während ich über Mitternacht auf dem San Diego Freeway mit meinem Motorrad entlang fuhr. Es war der einzige Song, bei dem ich gleichermaßen Wörter und Musik in Erinnerung behielt, und so nahm ich ihn einen Tag später zu Hause aufs Tonband auf."

Cetera’s zweiter ‘last minute’- Beitrag zu ‘Chicago VII’ war ‘Wishing You Were Here’, einer von den erinnerungswürdigsten Songs des Albums.
„Ich wollte immer schon einer von den beiden Personen sein," gesteht Cetera, „....und das war ein Beatle oder ein Beach Boy. Ich traf die Beach Boys bei verschiedenen Gelegenheiten, und so wurde ich ein guter Freund von Carl Wilson."
Cetera schrieb das Lied im Stil der Beach Boys, die sich auf Caribou aufhielten, als es aufgenommen wurde. Guercio, der die Band schon seit den 60er Jahren gekannt hatte, übernahm neulich ihr Management. Cetera bat die Beach Boys, den Übergang und den Refrain von ‘Wishing You Were Here’ zu singen.
„Sie sagten: ‘Ja, wir lieben es’," erinnert er sich. „Und so kam ich dazu, mit Carl, Dennis (Wilson) und Al Jardine die Background- Harmonien zu machen. Für eine Nacht war ich ein Beach Boy."

Wegen des guten Verhältnisses beider Bands wurde eine nationale Tournee vereinbart, die gleichermaßen den Bands und dem Publikum Spaß machen sollte. Im folgenden Sommer füllte die Chicago/Beach Boys - Tour die Stadien von Küste zu Küste, und überschattete beinahe die 'Rolling Stones', die gleichzeitig auf Tournee waren.

Trompeter Lee Loughnane schrieb als nächstes Bandmitglied einen Song für die Gruppe.
„Terry, Jimmy und Robert waren die Songschreiber von Anfang an, und dann begannen Peter und Danny, ihre Songs beizusteuern," bemerkt er, „Dann ab dem siebten Album begann ich, meine Songs zu schrieben. Ich war gerade geschieden und entschied mich, ein Lied zu schreiben, und so präsentierte ich ‘Call On Me’. Es war genauso, als wenn ich versuchte, in einer überwältigenden Gesellschaft einzusteigen: Diese Jungs waren sehr gut bei dem, was sie machten, und ich dachte nicht daran, dass sie es mögen würden."
Verständlich, denn seine Bandkameraden hatten fünf Jahre Hits geschrieben und waren auch mehr mit ihrer eigenen Arbeit beschäftigt. „Jeder meinte ‘Ja, das ist ein guter Song, aber hör dir mal das an!’ und ‘Hör dir mal das an!’ und ‘Ja, überprüf es nochmals!’" Aber Peter Cetera, der selbst seine eigene Schwierigkeiten hatte, beim Songschreiben mit der Gruppe mitzuhalten, arbeitete zusammen mit Loughnane an ‘Call On Me’, und so sang er am Ende den Song auf der Platte. „Er veränderte ein paar der Wörter und die Weise, wie er die Melodie sang in der Reihenfolge, damit er den Baß spielen und gleichzeitig die Melodie singen konnte." bemerkt Loughnane. „Ich schätze seinen Beitrag, und wir machten aus dem Song einen Hit."

Noch vor ‘Chicago VII’ wurde im Februar ‘74 die Single ‘(I've Been) Searchin' So Long’ veröffentlicht, die der achte Top-Ten Hit der Band wurde. ‘Call On Me’ wurde ihr neunter, ‘Wishing You Were Here’ ihr zehnter und erreichte ihren Höhepunkt bei Nr. 9 in der ‘Cash-Box<’, Nr. 11 in ‘Billboard’. Das Album wurde auch ein Chart- Topper.

Das Jahr 1974 markierte auch den Einstieg von einem achten Mitglied zu Chicago, dem brasilianischen Percussionisten Laudir De Oliveira, ein ehemaliges Mitglied von ‘Sergio Mendez’s Brazil' 66’. De Oliveira spielte schon Congas auf ‘Chicago VI’.

1974 veröffentlichte Robert Lamm ein Soloalbum, ‘Skinny Boy’. Lamm schrieb alle Songs außer ‘Temporary Jones’, er schrieb ihn zusammen mit dem gefeierten Lyriker Robert Russell, der mit Duke Ellington und Billie Holiday schon gearbeitet hatte. Terry Kath spielte Baß auf dem Album, er spielte auch Akustikgitarre auf zwei Songs. Die ‘Pointer Sisters’ sangen auf dem Titelsong, der auch auf ‘Chicago VII’ mit hinzugefügten Bläser erschien.

Anfang August ’74 begann Chicago auf der Caribou Ranch mit der Arbeit des nächsten Albums, und im Februar ’75 erschien die Single ‘Harry Truman’, Lamm’s Tribut zu einem Präsidenten, dem Amerika vertrauen konnte und mit einem Hinweis auf den neulich abgeschlossenen Watergate- Skandal.
Pankow schrieb die sentimentalen ‘Old Days’. „Es ist ein Erinnerungssong, es geht um meine Kindheit," sagt er. „.....er behandelt Schlüsselphrasen, obwohl sie mich datieren, sind es schöne Momentaufnahmen von Bildern meiner Kindheit. Die ‘Howdy Doody Show’ im Fernsehen und das Sammeln von Baseball-Karten und Comic-Bücher....."
Nachdem ‘Old Days’ als die zweite Single von ‘Chicago VIII’ veröffentlicht wurde, wurde sie ein Top 5-Hit. Das Album erschien im März ‘75.

Das Jahr 1975 markierte einen frühen kommerziellen Höhepunkt in Chicago’s Karriere, ein Jahr, wo die Band ihr viertes Nr. 1 Album hatte, ein Jahr, als all ihre vorausgehenden Alben wieder zurück in den Charts waren. Chicago’s weltweiter Plattenumsatz dieses einzigen Jahres waren erstaunliche 20 Millionen Kopien.

Die Gruppe kam im Juni 1976 mit einem neuen Album zurück, es wurde veröffentlicht als ‘Chicago X’. (‘Chicago IX’ war eine Greatest Hits-Collection.) Der große Hit des Albums war ein Song, der gerade noch als letzter Schnitt auf das Band kam. Es war Peter Cetera’s ‘If You Leave Me Now’.
„Das war einer von jenen magischen ‘Wir brauchen einen Song mehr! - Situationen’," erinnert sich Cetera.
Parazaider erinnert sich: „Ich sitze da am Pool und ein Lied beginnt, ich stelle fest: ‘Das ist eine eingängige Melodie. Wo hab’ ich das schon vorher gehört?’ Die nächste Sache, die abging: ‘Das ist Chicago’s letzte Veröffentlichung, ‘If You leave Me Now’. Der Kernpunkt der Geschichte ist: Gerade oft die Songs, die zum Album-Ende aufgenommen werden, werden auch die größten Hits."

If You Leave Me Now’ erreichte Platz 1, Chicago’s erster Billboard-Single Chart-Topper. Es erreichte auch die Top-Plätze in den Chart’s der ganzen Welt. Mit ‘Chicago X’ gewann die Band ihre erste Platinplatte (diese Auszeichnung wurde in diesen Jahr gerade erst eingesetzt) und verkaufte eine Millionen Kopien in drei Monaten. Danach schien der Balladen-Stil von ‘If You Leave Me Now’ zunehmend der vorgezogene Stil von Chicago’s Zuhörerschaft und Radiohörern zu werden.
„Es machte mich verrückt," sagt Lamm. „Ich weiß, es machte Terry verrückt, weil es nicht so war wie wir uns selbst sahen und hörten."

Ab 1977, nach acht erbarmungslosen Jahren der Tourneen und Plattenaufnahmen, fing die Show an.
„Wir kürzten unsere Tourtermine von 300 bis hinunter zu 200, die noch immer viele Tage ‘On The Road’ sind," sagt Parazaider. „Aber sind wir ehrlich, wir waren im Aufschwung."

Im Januar unternahm Chicago noch eine Welttour, und die Band war in Europa, als sie einen Grammy für die beste Popsong-Darbietung durch ein Duo, Gruppe, oder Chorus für ‘If You Leave Me Now’ gewann. Sie bekamen auch Grammys für die besten Vocal-Anordnungen und für das beste Album-Cover.

Im September kam ‘Chicago XI’ heraus, ein bemerkenswerter Song daraus war ‘Take Me Back To Chicago’, der vom Schlagzeuger Danny Seraphine und David ‘Hawk’ Wolinski geschrieben wurde. Er behandelte ein dunkleres Thema, als man vielleicht meinte.
„’Take Me Back To Chicago’ handelt von Freddy Page, dem Schlagzeuger der ‘Illinois Speed Press’, der tragisch starb," sagt Guercio. Wie Chicago war die ‘Illinois Speed Press’ 1968 von Guercio vom Mittelwesten der U.S.A. nach L.A gebracht worden. „’Illinois Speed Press’ hatte den besten Schuß, hatte das größte Budget, hatte die erste Platte und konnte aber nicht fortschreiten," erinnert er sich zurück.

Die Spannungen zwischen Chicago und Guercio brachen schließlich aus. Der Riß zwischen Gruppe und Manager war schon lange Zeit im Kommen gewesen. Guercio hatte eine mächtige Kontrolle über die Mitglieder von Chicago ausgeübt, besonders in den ersten Tagen, und als sie Stars wurden, war es wahrscheinlich unvermeidlich, dass es wegen seiner barschen Führung zu Reibereien kam.
„Es passierte ab der zehnten Platte," sagt Parazaider. „Er wollte nicht, dass wir irgendetwas über Produktionstechniken lernten. Er ging um neun Uhr schlafen, und wir fingen an, unsere Platten selber zu produzieren. Oder wir versuchten es. Ich glaube, wenn du Produzent des eigenen Albums bist, hast du 'einen dummen für einen Klienten'. Du kannst nicht objektiv darüber urteilen, was du auf beiden Seiten der Scheibe machst."
„..zurückblickend war ich viel zu hart zu diesen Jungs," gibt Guercio zu. „Ein Ausschuß-Vollblut ist ein verdammt gutes Maultier, dachte ich. Ich manipulierte sie vollständig für meine eigenen Zwecke als wären es ihre, ob sie es verstanden oder nicht."

Kurzfristig schien sich ein klein wenig zu verändern.
Baby, What A Big Surpise’ segelte in die Top 5, und ‘Chicago XI’ bekam Platin den Monat nach seiner Veröffentlichung.
Aber nur einige Monate später würde die Band einen schrecklichen Verlust erleiden.

 
1978-1981: Nach Terry's Tod - Die ziellosen Jahre

Am 23. Januar l978 starb Chicago’s Gitarrist und Sänger Terry Kath an einer unbeabsichtigten Schußwunde.
„Terry Kath war ein großes Talent," sagt Jim Guercio, der mit ihm an einem Soloalbum arbeitete, das nie fertiggestellt wurde. „Hendrix vergötterte ihn. Er war der Band vollständig verpflichtet, und er wäre eher ein Monster geworden (als ein Solokünstler)."

Kath’s Tod verwüstete Chicago, und die Band wollte Schluß machen.
„Ich fühlte, dass jetzt wirklich das Ende der Gruppe da war," sagt Cetera. „Ich denke, wir waren einfach zu ängstlich dazu, um unsere eigenen Wege zu gehen, und so entschieden wir uns, weiterzumachen...."
Kurze Zeit nach Terry’s Tod brachten sie ‘Take Me Back To Chicago’ als Single heraus, die inzwischen viel mehr über Terry als über Freddy Page aussagte.

Man brauchte jetzt einen neuen Gitarristen, und die Vorspielproben fingen im Frühling ‘78 an.
„Wir merkten, dass wir der neuen Musik hinterherhinkten," sagt Cetera, „und in unseren Gedanken brauchten wir einen jungen Gitarristen mit langen Haaren. Wir hatten so viele Vorspieler, dass ich nicht genau weiß, wieviel es waren, aber ich bin sicher, es waren 30, 40, oder 50 Gitarristen. Zum Ende tauchte Donnie Dacus auf. Er spielte ein paar Lieder richtig und mit Feuer, und so kam er in die Gruppe."

Die Band ging in die Miami's Criteria Studios mit dem Produzenten Phil Ramone, der viele ihrer Singles und Fernseh-Specials gemischt hatte.
„’Hot Streets’ war eine gewaltige Erfahrung," sagt Pankow über das Album, bei dem die Mitglieder gelegentlich ins stolpern geraten und es ‘Chicago XII’ nennen. „Guercio war nicht länger mehr im Bild, und auch Terry war nicht mehr da. Aber Phil Ramone glaubte an die Band, von Anfang an. Nach der Erholungsphase der enormen Tragödie von Terry’s Tod glaube ich, dass wir eine verdammte gute Arbeit machten."

Vielleicht des Album’s bemerkenswertester Song ist ‘Alive Again’, er war auch die erste Single davon.
„Wenn sie zwischen den Zeilen lesen, ist es ein Tribut für Terry Kath," sagt Pankow. „Das war der erste Song, den wir nach Terry’s Tod aufnahmen. Die Band sagt, dass sie weiter lebt und Terry schaut auf uns mit einem großen Lächeln auf uns herab."

Um die neue Ära zu markieren, veränderte Chicago ihr Album-Design. ‘Hot Streets’, veröffentlicht im September 78, war das erste Chicago Album, auf dem ein Bild der Gruppe das dominierende Merkmal des Covers war.
„Nachdem das Album veröffentlicht wurde, machte die Plattengesellschaft eine Umfrage," sagt Pankow, „....und 90 Prozent von den gefragten Leute sagten, das neue Cover wäre schlecht, sehr zu unserem Ärger. Sie möchten das Logo sehen. Die Musik hat schon immer für sich gesprochen, und das Logo genauso. Es ist wie Coca-Cola: Wenn sie es sehen, wissen sie, was es ist."

Hot Streets’ bekam gegen Ende Oktober Platin, und produzierte zwei Top-20 Singles, ‘Alive Again’ und ‘No Tell Lover’.
„Es gab uns wieder Antrieb," sagt Parazaider, „und wir bewiesen uns selbst, dass wir weitermachen konnten und auch fähig dazu waren, Platten zu verkaufen."

Die Band ging auf Tour und machte außerdem eine Konzertreise mit einem kleinen Orchester, dirigiert von Bill Conti, der mit dem Oscar-prämierten Soundtrack zu Sly Stallone’s ‘Rocky’ berühmt wurde. Schließlich wollte Donnie Dacus nicht mehr und verließ die Band, obwohl er auf dem 13. noch anwesend war. Das Personalproblem wurde mit einem musikalischen verbunden: Als die späten ‘70er anbrachen, wurde der kultivierte Jazz-Rock, Pop-orientierte Stil Chicago’s von Disco auf der einen Seite und Punk/New Wave auf der anderen Seite bedrängt, alles was die Band machte, schien unmodern zu sein.

Die Antwort, unter Druck ihren Klang zu verändern, war ‘Chicago 13’. Es wurde im August ’79 veröffentlicht und enthielt den Song ‘Street Player’, der auf Disco getrimmt war. Parazaider zufolge durchbrach das Album ‘die Mauer bei 700.000 Kopien’, ein guter Verkauf für manchen, aber sehr enttäuschend für Chicago’s Standard.

Zu dieser Zeit unterschrieb Chicago einen neuen Multi-Millionen Dollar-Plattenvertrag mit Columbia.
„Es gab keinen Weg, wie eine von den beiden Parteien den Deal machen konnte," sagt Lamm. „....es schuf viel Feindseligkeit bei der Gesellschaft."

Nach ‘Chicago XIV’ gingen die Verkäufe in den Keller, und Columbia kaufte die Gruppe aus dem Rest des Vertrages heraus und veröffentlichte ‘Greatest Hits, Volume II’, gezählt als das 15. Album.

Um Donnie Dacus zu ersetzen, mietete Chicago den Gitarristen Chris Pinnick.
„Chris kam Terry’s rhythmischem Ansatz am nächsten," sagt Lamm.
Laudir De Oliveira verließ ab dieser Zeit auch die Gruppe.

 
1982-1991: Die Foster/Warren -Jahre

Im Herbst 1981 fragte die Band Bill Champlin, ein bekannter Los Angeles Session-Sänger und Musiker, ob er Lust habe, sich ihnen anzuschließen.
„Sie brauchten ein klein wenig Gitarrenarbeit," sagt Champlin, „und sie brauchten jemanden, der Terry’s Zeug singen konnte."
„Bill kam Terry’s rasanter Stimme am nächsten,"
sagt Parazaider.

Bill Champlin hatte schon eine lange Karriere hinter sich. Geboren am 21. Mai 1947 in Oakland, wuchs er in verschiedenen Kalifornischen Städten auf und blieb in Marin County nördlich von San Francisco, als er l2 war. Champlin’s Mutter spielte Piano und schrieb Lieder, und er nahm Klavierstunden im Alter zwischen drei und fünf Jahren.
„Ich las Musik, bevor ich Englisch lesen konnte," erinnert er sich. Aber es war nicht erst die Ankunft von Elvis Presley und dem frühen Rock ‘n Roll , als er die Gitarre nahm und anfing, über Musik als seinen künftigen Beruf zu denken .
„Ich hatte schon früh Klaviertraining, so dass es für mich nicht echt hart war, damit zurechtzukommen," sagt er, „und dann besuchte ich ‘eine Millionen’ Musikstufen in der High-School. Ich versuchte, so viele Instrumente zu lernen wie ich konnte, denn ich wollte ein Meister der Musik werden."

Während seiner High School-Zeit war Champlin ein Teil von ‘The Opposite Six’, einer Band mit zwei Bläsern, die James Brown-Style R&B spielten.
„Wir waren die Haus-Band in einem Gemeindezentrum," sagt er, „und wir spielten eine Menge von den Acts, die bekannt waren, wie ‘Jan and Dean and the Righteous Brothers’."
Aus ‘The Opposite Six’ entwickelten sich ‘The Sons Of Champlin’, sie veröffentlichten 1965 eine Single auf dem Label Verve. Champlin besuchte das College von Marin in Verfolgung seines Musikstudiums, gleichzeitig bekam er aber einen guten Rat: „Mein Theorielehrer Larry Snyder schlug vor, ich soll ausscheiden, denn ich würde Musik besser mit meiner Band machen, als ich es je in der Schule machen könnte," erinnert sich Champlin zurück.

The Sons Of Champlin’ wurden eine der originalen San Francisco’er Rockgruppen der 60'er, sie veröffentlichten sieben Alben, obwohl sie nie ein bedeutender kommerzieller Erfolg wurden.
Champlin gab die Band auf und zog 1977 nach Los Angeles, wo er mit seiner Session-Arbeit anfing. Auch als Texter beteiligte er sich an dem Song ‘After The Love Has Gone’, der ein großer Hit für ‘Earth, Wind & Fire’ wurde, er bekam auch einen Grammy und wurde R&B-Lied des Jahres.
Für das Mittexten von ‘Turn Your Love Around’ bekam er auch ein zweites Mal einen Grammy mit R&B-Lied des Jahres, der gerade ein Hit für ‘George Benson’ wurde, nachdem sich Champlin Chicago angeschlossen hatte.

Champlin hatte auch eng mit den kanadischen Produzenten und Texter ‘David Foster’ zusammen-gearbeitet, der auch andere Klienten hatte wie ‘Hall And Oates’ oder die ‘Average White Band’.
„Viele Leute denken, Foster hätte mich zu Chicago gebracht," sagt Champlin, „aber es lief eigentlich genau umgekehrt, denn ich brachte ‘Foster’ zu Chicago."
Champlin kannte Danny Seraphine, und Seraphine fragte ihn, ob Foster das 14. Album produzieren könnte, bevor ‘Tom Dowd’ den Job machte. Foster wurde jetzt als Produzent des 16. Albums ausgewählt.
„Danny rief mich und sagte ‘Was denkst du von David Foster als Produzent?’" erinnert sich Champlin. „Ich sagte ‘Ihr werdet wahrscheinlich am Ende eine Menge umschreiben müssen, aber ich denke, Foster ist die richtige Wahl.’"
Wie Champlin es vorhergesagt hatte: David Foster war die starke Hand von ‘Chicago l6’, beim mitschreiben von acht der zehn Songs des Albums, einschließlich ‘Hard To Say I'm Sorry’, der weltweit die Nr.1 Single wurde, als das Album von Full Moon/Warner 1982 veröffentlicht wurde. Das Album ging in die Top Ten und verkaufte eine Millionen Kopien.

„Wir hatten dann eine Wiederauferstehung,", erinnert sich Parazaider. „Ein Kind kam zu mir und sagte: ‘Ich hab’ ihre erste Platte, können sie ihr Autogramm darauf machen?’ Das war irgendwo in North Carolina. Wir waren gerade auf dem Weg zur Bühne und ich erzählte ihr, ich würde es nach der Show ihr geben. Und das was sie hatte, war das ‘Chicago 16’ Album. Sie hatte keine Ahnung von den anderen Alben vor ‘Chicago 16’. Die eigentliche Erkenntnis davon war: Wir hatten eine neue Generation dazu gewonnen."
„Eine neue Karriere brach für uns wieder an," sagt Loughnane, „...und ich denke auch Warner Bros. sah sich durch die Verkäufe bestätigt, gerade weil Columbia sagte, mit uns könnten sie nichts mehr verkaufen. Diese Art von Konkurrenz konnte uns nur nützen, weil sie härter dafür arbeiten würden, um ihre Gesellschaft besser aussehen zu lassen als die andere."

Das nächste Chicago-Foster Projekt, ‘Chicago 17’, das in Mai 1984 herauskam, wurde der größte Verkaufsschlager der Band. Solche Hits wie ‘Stay The Night’, ‘Hard Habit To Break’, ‘You're The Inspiration’ und ‘Along Comes A Woman’ trieb das Album an die sechs Millionen-Marke und bestätigte Chicago's Status als eine von Amerikas Spitzen-Bands. Sie spielten einmal wieder in ausverkauften Konzerten in Nordamerika und Asien.

„Wir hatten die tolle Gelegenheit, wieder einmal wie in der großen Zeit zu spielen," sagt Loughnane. „Es war die zweite große Welle. Mancher würde sein Auge für den Erfolg hergeben, den wir zum erstenmal in den '70er Jahren hatten, und um ihn jetzt das zweite Mal zu wiederholen, ist ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte des Rock ‘n Roll als auch gut für unsere Geschichte. Nicht allzuviel Leute haben diese Gelegenheit gehabt und wir hatten viel Spaß damit."

Aber Chicagos erneuter Erfolg kündigte eine neue Herausforderung an:
Peter Cetera, dessen Gesang und Songschreiben einer Serie romantischer Balladen seine Popularität erhöhte, entschied sich, die Gruppe zu verlassen und eine Solokarriere nach der 1985er Sommertour zu starten. In einer ironischen Wendung würde aber der Anfang seiner neuen Solokarriere zum seinem Nachfolger führen, der hauptsächlich Chicago half und ihren Erfolg noch ausbaute.

„Als Peter ging, blieb er bei Warner Bros.," erklärt Jason Scheff. „Ich hatte gerade einen Songvertrag unterschrieben, und Michael Ostin bei Warner Bros. rief zu meinem Verleger hinüber und sagte: ‘Haben sie irgendwelche Lieder für Peters Solo Album bzw. jemand, der mit ihm für das Album zusammen- arbeitet?’ Sie sagte: ‘Ja, wir machen gerade den Vertrag fertig mit diesem neuen Kind.’ Damit schickten sie die Demos von den ersten drei Lieder, die ich hereingebracht hatte, und die immer wiederkehrende Geschichte ist: Dieser Michael hört meine Stimme und sagt: ‘Warte eine Minute, dies könnte der Kerl sein, den Chicago für Peter als Ersatz sucht.’ Ich wußte nicht, dass dies noch weiterverfolgt würde. So bekam ich eines Tages einen Telefonanruf, wo man sagte: ‘Wir haben Ihr Tonband gehört, und wir glauben, dass sie der Kerl sind, um Cetera in Chicago zu ersetzen.’ Es war schon ganz verblüffend, solch einen Anruf zu bekommen, in einen Alter von 23 Jahren."

Jason Scheff wurde eigentlich wegen seiner Tenorstimme ausgewählt. Er wurde 1962 in San Diego geboren. Obwohl er der Sohn des legendären Bassisten Jerry Scheff ist, der für Elvis Presley spielte und mit unzähligen anderen Musiker gespielt hat, schien niemand die Verbindung zu dem instrumentalen Loch gemacht haben, das Cetera's Abgang hinterließ.
„Der Manager Howard Kaufman fragte mich: ‘Welches Instrument spielen Sie?’ Ich sagte: ‘Ich bin ein Bassist’," erinnert sich Scheff. „Er sagte: ‘Oh mein Gott! Das klingt wie ein Wettkampf, der in Himmel ausgetragen wird."

In San Diego aufwachsend, sah Scheff in seinen jungen Jahren seinen Vaters nur sehr wenig, nachdem seine Eltern geschieden waren. Aber als er sich entschied, ein Instrument zu spielen, konnte er die Verbindung fühlen.
„Das Spielen war von Anfang an sehr natürlich für mich, denn ich wußte, es war ein Geschenk, das er mir genetisch gegeben hatte," sagt er.
Scheff's Mutter war auch Musikerin, und die zwei hatten zusammen eine Band, als er 14 war. In seinen Teenagerjahren spielte Scheff in hiesigen Top 40 Bands, und sein erster Durchbruch kam, als er 19 war, denn Peter Wolf (der Plattenproduzent, nicht der ex-J. Geils Band Sänger), der Chicago später produzieren sollte, nahm ihn in seine Band, die für die ‘Rolling Stones’ in Wien 1982 die Vorgruppe waren. Zurück in L.A. schrieb er weiter Songs und machte Aufnahme-Sessions. Aber danach gefragt, Chicago war der größte Durchbruch seiner noch jungen Karriere. Es war auch, wie er sagt, „Die letzte Sache, die ich mir hätte vorstellen können."

Zusammen mit Scheff ging Chicago ins Studio, um mit David Foster ‘Chicago 18’ aufzunehmen. Das Album entstand Ende September ‘86, als die Band eine Herbst-Tour unternahm, um das neue Mitglied einzuführen.

Chicago 18’ entwickelte sich zu einen Gold- Erfolg, und Scheff’s Akzeptanz der Fans wurde mit dem Top-Ten Status der Hit-Single ‘Will You Still Love Me?’ noch gefestigt. Hier sang er zusammen mit Bill die Lead-Vocals. Es war schließlich der Hit, der ihn überzeugte, dass er dazugehörte.
„Als ich mich der Band am Anfang anschloß, setzten sie all ihre Zuversicht in mich und sahen nie zurück," sagt er. „Sie investierten in mir für die Zukunft. Da waren viele Leute, die skeptisch waren. ‘Will You Still Love Me?’ war ein großer Hit, und dann hatte ich doch schließlich das behagliche Gefühl, dass ich angenommen war."

„Die nächste Hürde war, diesen Erfolg beizubehalten," bemerkt Scheff.
Mit den Produzenten Chas Sandford und Ron Nevison wurde ‘Chicago 19’ aufgenommen und im Juni ’88 veröffentlicht. Das Album hatte drei Top-10 Hits, mit ‘Look Away’ hatte die Band die schnellste aufsteigende Single in ihrer Geschichte, und landete auf Platz 1.
„Es war," sagt Loughnane, „die erste Balladensingle seit einer langen Zeit, die nicht von einer Tenorstimme gesungen wurde." Bill Champlin sang die Lead.-Vocals. Damit sollte der Radioforderung für Balladen nachgegeben werden und erlaubte der Band größere musikalische Flexibilität.
„...stattdessen," sagt Loughnane, „wußten die Leute nicht mehr, dass das Chicago war! Wir spielten diesen Song Live im Konzert, und du konntest Leute gehen sehen....’Warum machen sie dieses Song nur? Ich verstehe es nicht, warum sie diesen Song machten. Mein Gott, das sind sie!’ Es ist nicht wirklich von Chicago übersetzbar, wie es dazu kam...."
„Wir hatten uns das Schwanzende von diesem langen großen Lauf der Pop-Balladen-Songs geschnappt," bemerkt Scheff, „....und mit dem verbunden war die Tatsache, dass zwei der Singles auf ‘19’ (‘Look Away’ und ‘I Don't Wanna Live Without Your Love’) sogar von uns nicht geschrieben wurden. Die Songs wurden von Diane Warren, vielleicht die erfolgreichste Pop-Songschreiberin dieser Tage, geschrieben. Zugestanden, wir hatten zwei große Hit-Singles, sie waren echt gut für uns, weil sie uns halfen, wieder ein Platin Album zu bekommen und etablierte Bill Champlin mehr als einen Brennpunkt. Das war für uns sehr gut," erkennt Scheff an, aber er bemerkt, dass die Songs Chicago’s individuelle Merkmale nicht enthielten.

Im Sommer ‘89 arbeiteten die Beach-Boys und Chicago wieder für eine denkwürdige Tour zusammen. Auch zwei Greatest-Hits-Alben wurden gleichzeitig in den U.S.A., ‘Greatest Hits 1982-89’ (zählte als das 20. Album), und in Europa, ‘The Heart of Chicago’, veröffentlicht, welche Hits von sowohl den Columbia als auch den Warner-Jahren enthielt. Die Band betrat das aktuelle Jahrzehnt mit noch einer Hit-Single, Jason Scheff’s ‘What Kind Of Man Would I Be’, ursprünglich veröffentlicht auf ‘19’ und auch auf der neuen Hit-Sammlung. Damit hatte Chicago Hit-Platten in vier aufeinanderfolgenden Jahrzehnten.

Die Gruppe wurde noch 1990 mit einer Personaländerung konfrontiert, als sie ihr Schlagzeuger Danny Seraphine verließ. Um ihn zu ersetzen, wandten sie sich zu diesem Surfing-Schlagzeuger, der schon vor 22 Jahren ein Fan von ihnen im Shrine Auditorium war.
„Ich wurde wirklich überrumpelt, als ich diesen Telefonanruf bekam, und sie sagten: ‘Hätten sie Lust, sich Chicago anzuschließen?’" sagt Tris Imboden. „Ich sagte: ‘Lassen Sie mich darüber nachdenken.... Ja!’"
Natürlich hatte sich viel für Tris Imboden in den letzten Jahrzehnten verändert. In den Strand-Städten von Orange County aufwachsend, südlich von Los Angeles, hatte er früher einen definierenden Moment als Kind erfahren, der seinen Karriere-Weg bestimmte.
„Das klingt irgendwie kitschig," gibt er zu, „....aber ich werde es nie vergessen. Als ich fünf Jahre alt war, brachte mich mein Vati zu einem Viertel in Huntington Beach, Kalifornien, wo die Juli-Parade stattfand. Diese Marching-Band kam und marschierte vorbei, und die Trommelabteilung war voll am rauchen. Ich wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, ich war tief bewegt. Aber ich wußte in diesem Moment, dass das genau die Sache war, die ich machen wollte."
Imboden’s Eltern ermutigten ihn, wenigstens bis er anfing, sich wie ein Profi zu entwickeln.
„Meine Leute hatten einen sehr guten Geschmack," sagt er, „somit wurde ich mit einer Menge von Jazzmusik zuhause konfrontiert, sowie Rock ‘n Roll, R&B und alles, dafür bin ich sehr dankbar."
Imboden’s erst bezahlte Gigs hatte er in High-Schools, wo er in Surf-Bands spielte. Frisch aus der High-School schloß er sich einer neuen Band, genannt ‘Honk’ an. wird. Obwohl die Gruppe drei Alben machte und Kritiker- Achtung sowie Kult-Status erlangte, erkennt Imboden: „Wir hatte weder nationalem Erfolg oder eine Hit-Platte". Aber sie erregten Aufmerksamkeit von anderen Musikern und Produzenten, und dann trennten sie sich. Imboden zog nach Los Angeles und begann, Sessions-Job’s zu machen.

Er bekam auch feste Jobs als Unterstützungs-Musiker, zuerst für Ex- ‘Fairport Convention’ und ‘Matthews Southern Comfort’ Gründer ‘Ian Matthews’. Dann bewarb er sich bei ‘Kenny Loggins’. Gewählt aus über 187 anderen Bewerber, wurde Imboden Loggin's neuer Trommler für die nächsten Jahre, er spielte auf seinen Platten und seinen Tourneen. „Es gab," erinnert er sich, „viele Hits und eine Menge tolle Musik".
In den mittleren 80er begann Loggins wie viele andere auch in der Industrie, Drumcomputer zu benutzen, und seine Tourneen und Platten wurden weniger häufig. Imboden setzte seine ‘Arbeit auf der Straße’ fort und spielte mit Chaka Khan und Al Jarreau.

Aber 1990 stand er seinen ersten Sommer ohne Tournee gegenüber, als dieser Anruf von Chicago kam.
„Das Timing war exquisit," sagt er, „....großartig, und die Chemie zwischen der Band und mir stimmte direkt. Es war wirklich toll, wirklich eine große Sache, musikalischer und persönlicher Natur auch."

Chicago Twenty 1’ wurde in Januar 91 veröffentlicht. Wieder stützte sich die Gruppe auf Diane Warren für zwei Songs, ‘Explain It To My Heart’ und ‘Chasin' The Wind’, und sie wurden als Singles veröffentlicht. Aber dieses Mal wurden es keine großen Hits.
„Jene ersten zwei Singles waren echt nette Songs," sagt Scheff, „aber wenn man versucht, irgendetwas zu veröffentlichen, stehen einem Top-Songs wie ‘Hard Habit To Break’ und ‘What Kind Of Man Would I Be?’ gegenüber."
Ironischerweise machte Chicago’s langfristiger Radioerfolg ihre neue Musik immun: Sie konkurrierten mit sich selbst, während ihre jüngsten Hits fortsetzten, als ‘wiederkehrend’ gespielt zu werden. Besonders der Song ‘Explain It To My Heart’ wurde von den bedeutenden Radiostationen ignoriert..
„Ich glaube, dass das der beste Diane Warren Song war, den ich bis zu dieser Zeit hörte," sagt Loughnane. (Er denkt, Warren hatte mit ‘Because You Loved Me’, den 96er Celine Dion Hit, noch einen besseren) „Er war prächtig, und es war in unserem Stil. Ich meine noch unentwegt bis zum heutigen Tag, dass es ein Top-1 Song ist."
Aber ‘Explain It To My Heart’ war vom Album als ein Ganzes nicht typisch, weil es eins von nur drei Liedern war, die nicht von den Gruppenmitgliedern geschrieben wurden.

Chicago Twenty 1’ markierte den Anfang eines Wiederauflebens der Chicago-Hörner als eine treibende Kraft und eine Rückkehr zu den Komponisten innerhalb der Band als die Haupt Quelle. In einem Sinn, durch das Album entdeckte Chicago wieder, wo sein Herz lag, und diese Anstrengung überschritten kommerzielle Überlegungen.
Wie Lamm sagt: „Wir betrachteten die Möglichkeit, dass es vielleicht besser ist erfolgreich zu sein oder das wir auf unseren eigenen Verdienst fallen."

Im gleichen Jahr wurde Chicago mit ihren eigenen Stern auf Hollywood's ‘Walk of Fame’ geehrt.

 
1992-1999: Die Jahre der Bescheidenheit und Rückbesinnung

Im Jahre 1993 setzte Chicago die Arbeit an einem neuen Album mit dem Produzenten Peter Wolf fort. Er bestand darauf, dass die Band ihr ganzes Material selbst vorbereiten und in der ähnlichen Weise arbeiten sollte, wie man es in den frühen Jahren gemacht hatte.
Parazaider erinnert sich: „Peter Wolf sagte zu mir: ‘Ich will, dass du alles bringst, die Bass-Klarinette, die Klarinetten, alle Saxophone, alle Flöten, alles. Wir werden alles für die Weise benutzen, wie ihr es in den alten Tagen gemacht hattet’, und das war eine sehr aufregende Sache für uns".
Das Ergebnis war das immer noch unveröffentlichte Album ‘Stone Of Sisyphus’.
„Das war eine Platte, die gemacht werden mußte," sagt Parazaider. „....besonders nach all den Sachen mit Warner Bros., mit dem Erfolg der Balladen die wir hatten, diese Band mußte nun zurückkehren zur Bandarbeit, zum Band-Concept-Album, wo die Band mit der Musik lebt, wo jeder seinen Anteil daran hat, wo jeder darin verwickelt ist, in unseren Vorschlägen zum Proben des Materials oder was auch immer, und das ist es, was wir mit Sisyphus machten."

Parazaider ist eindeutig von der Wichtigkeit des Albums für Chicago überzeugt.
„Ich denke, wenn diese Platte nicht gemacht wurde, die Band war von der Form nicht überzeugt," sagt er, „denn wir wären frustriert, wenn wir das nicht machten konnten, was wir machen möchten, Sachen produzieren für Warner Bros., nur das zu machen, was verkauft wird. Du schaust einem geschenkten Gaul nicht ins Maul, ein Hit ist ein Hit ist ein Hit. Aber dort gab es anderes Zeug für uns zu sagen, und das ist, wo Sisyphus herkommt."

Die Band-Mitglieder fühlten stark, dass dies eines ihrer feinsten Alben war, aber ihre Begeisterung wurde von der Plattenfirma nicht geteilt.
„Warner Bros. wollte die Platte nicht," sagt Parazaider. „In der Tat mochten sie es nicht so sehr und wir glaubten vielleicht, wir sollten unsere Wege teilen, was wir auch machten. Aber die Master-Tonbänder wurden nicht verbrannt, weil wir daran glauben, und ich weiß, sie werden irgendwann mal veröffentlicht."
Einige der Songs vom Album wurden schon auf internationalen Greatest-Hits-Alben, wie ‘The Very Best Of Chicago’, in Europa veröffentlicht.

Chicago wandte sich einem neuen Projekt zu und verwirklichte eine Idee, vorgeschlagen von Aufnahmeleiter John Kalodner, das Album ‘Night & Day (Big Band)’, es wurde im Mai ’95 auf Giant Records veröffentlicht. Das Album beinhaltet Standards verbunden mit Glenn Miller (‘In The Mood’) und Duke Ellington (‘Don't Get Around Much Anymore’, ‘Sophisticated Lady’, und ‘Take The A Train’), sowie andere.
Die Verbundenheit mit Ellington half die Band-Mitglieder zu überzeugen, dieses Projekt zu versuchen, weil man eigentlich eine musikalische Schuld an Duke zurückzuzahlen hatte.

Zurück in die frühen 70's: Ellington hatte Chicago gefragt, ob sie auf seinem TV-Special ‘Duke Ellington: We Love You Madly’ auftreten wollten, zusammen mit solch erhabener Gesellschaft wie Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan, Ray Charles, Peggy Lee, und Count Basie. Nach der Show gingen Parazaider und Pankow zu Ellington, der ans Ende seiner gefeierten Karriere angelangt war.
„Ich sagte: ‘Herr Ellington, es war für uns wirklich eine Ehre, dass wir bei ihrer Show dabei sein durften’", erinnert sich Parazaider, „und er schaute Jimmy und mich an, und er sagte: ‘Im Gegenteil Jungs, ich fühle mich geehrt, weil ihr die nächsten Duke Ellington’s seid.’ Wir wurden benebelt davon, ihn zu treffen und das er das sagte. Wir gingen fort und ich sagte: ‘Ja, richtig, und wenn wir jetzt noch einen Hit hätten, um die Miete zu zahlen, könnten wir froh sein’, ohne an den langen Weg zu denken. Als die Idee für das Big-Band-Album präsentiert wurde, ging zuerst eine lauwarme Reaktion durch die Band. Dann erinnerten Jimmy und ich uns zurück, und ich dachte, vielleicht ist dieses Projekt das, was wir als Schema von unserem musikalischen Leben machen sollten. Das war einer von den Gründen, die uns antrieben, das Album zu machen."

„Den Ansatz, den wir bei ‘Night & Day’ setzten - und ich denke, wir waren dabei erfolgreich - war zeitgenössisch zu sein." sagt Imboden. „Wir beließen nichts traditionell, zumindest im Rhythmusteil."
Zur gleichen Zeit setzte das Album die Chicagobemühung fort, um die Hörner zu einer primären Stelle in der populären Musik wieder zurückzubringen.
„Die Hörner waren die Stimmen der Zeit," sagt der große Big-Band-Enthusiast Lee Loughnane über die Swing-Ära. „Sie spielten alles, und dann halbwegs durch das Lied hatte der Sänger mit ein paar Refrains dazwischengefunkt, und dann konnte er sich wieder hinsetzen. Dann kam der Rock ‘n Roll, und das wurde der Rhythmusteil, die Gitarre wurde die Gesangstimme für lange. Und dann kommt Chicago, und wir versuchen, aus den Hörnern die Gesangstimmen wieder zu machen, und wir sind dabei ganz erfolgreich gewesen."

Robert Lamm sagt: „Als wir mit diesem Projekt anfingen, sagten wir nicht: Gut, dies ist genau das, was Chicago schon immer gemacht hat. Besser suchten wir einen Weg, das zu machen, was wir eigentlich immer schon gemacht hatten, und zwar Rockpop mit Hörner."
Bill Champlin stimmt überein: „Für mich war es eine Herausforderung, ich sollte die Vocals so arrangieren, damit sie wie traditionelles Chicago klingen sollten, ohne den Songs ihr originales Feeling zu nehmen," sagt er.

Zusammen mit Chicago auf ‘Night & Day (Big Band)’ waren verschiedenartige Gastkünstler wie die Welt-Musik-Favoriten ‘Gipsy Kings’, das Hip-Hop R&B Trio ‘Jade’, Aerosmith's Joe Perry, und David Letterman's Bandleader Paul Shaffer, der auch die Anmerkungen schrieb. Bruce Fairbairn, bekannt für seine Projekte mit solchen Hart-Rock-Acts wie Van Halen, AC/DC, Aerosmith, Bon Jovi und anderen, handhabte die Produktion in den Armoury Studios bei Vancouver.

„Es war eine große musikalische Erfahrung, und das ist es, um was es hier nach meiner Meinung geht," sagt Loughnane. „Ich denke, es hätte mehr populären Erfolg verdient, aber es ist immer noch ein großes Stück Musik, und was mich betrifft, ich werde es mit ins Grab nehmen. Ich weiß, wir gaben alles, was wir hatten, und es klang toll."

1995 war Chicago wieder mal damit beschäftigt, einen neuen Gitarristen zu finden.
Die Band setzte zwei Tage Vorspielproben an, um aus einer auserlesenen Gruppe auswählen zu können.
„Sie hatten eine nette Vorspiel-Liste," erinnert sich Keith Howland. „Am ersten Tag der Vorspielproben erfuhr ich, dass Chicago einen neuen Gitarristen suche, und es erzählte mir ein Freund, der im selben Gebäude arbeitete, wo die Proben stattfanden." Howland verständigte das Band-Management und erfuhr, dass die Vorspielproben abgeschlossen waren. „Als eine letzte Verzweiflungstat kam ich hierher und wollte solange auf dem Parkplatz warten, bis die Band auftauchte." Howland hatte mal einen kurzen Kontakt mit Jason Scheff, der einmal einer Band zuhörte, wo er spielte.
„Ich sagte: ‘Hab’ ich irgendeine Chance für eine Vorspielprobe?’ und er erzählte mir, ich sollte nach Hause gehen, weil sie heute ausgebucht wären, aber er würde mit den anderen reden," sagt Howland.
Sie hatten scheinbar niemanden, der sie zufriedenstellte, denn Howland erhielt einen Anruf von Scheff in der Nacht, und er sagte, sie hätten die Proben auf einen dritten Tag verlängert, gerade um ihn zu hören.
„Ich ging hin, und ich war der einzige, der diesen Tag spielte," erinnert er sich. „Ich war so nervös, es war lächerlich, ich spielte einen Strauß von Melodien mit ihnen, machte A-cappella Background-Vocals mit Bill, Jason, und Robert. Als wir fertig waren, packte ich meine Instrumente wieder ein. Sie alle gingen in den Flur und redeten miteinander. Dann kam Bill zu mir zurück und sagte: ‘Hallo, willst du einen Gig?’"

Keith Howland’s Beharrlichkeit ist von seinem langen Interesse an Chicago begründet.
Geboren am 14. August 1964 in Silver Spring, Maryland, waren Howland und seine ganze Familie Chicago-Fans gewesen, seit dem ersten nationalen Erfolg der Gruppe.
„Mein älterer Bruder war eigentlich der erste, der mich auf die Band aufmerksam machte," sagt er. Howland fing mit dem Gitarrenspiel im Alter von sieben Jahren an und Terry Kath war einer von seinen frühesten Einflüssen. Howland fuhr nach dem College-Abschluß 1988 nach Los Angeles. Er spielte mit Patty Smyth und Rick Springfield, aber die Stelle bei Chicago, und er sagt, dass er solange bleiben wird, ‘für die Dauer, so lange wie sie mich brauchen’, ist der größte Durchbruch in seiner Karriere.

Warum wurde Howland Chicago’s neuer Gitarrist? Es war der Klang, den die Mitglieder von Chicago eine lange Zeit nicht mehr gehört hatten.
„Als Keith die Vorspielprobe machte, spielte er so in der Art wie Terry, auch im Rhythmus, somit war er unser Mann," sagt Parazaider. „Du erkanntest direkt, dass er der richtige Mann war, der das fertigbrachte."

Howland’s Rückkehr zu Terry Kath’s rhythmischem Stil konnte nicht besonnener sein, und es hat zu einer schnellen Annahme bei den Chicago-Fans beigetragen.
„Ich wuchs mit der Musik auf, und das war auch der Grund, warum ich es so machte," sagt er. „Es schien für mich nicht richtig, hereinzukommen und in irgendeiner anderen Weise zu spielen, wie ich es schon immer gehört hatte."
Kath’s Arbeit als eine Basis benutzend, hatte Howland seinen eigenen Gitarrenklang innerhalb Chicago entwickelt.

1995 sicherte sich Chicago die Rechte zu dem Katalog ihrer Original-Aufnahmen, die für Columbia zwischen 1969 und 1980 gemacht wurden. Dieser Katalog ist jetzt wieder neu bei ihrem eigenen Plattenlabel ‘Chicago Records’ veröffentlicht worden, sowie auch einige Solo-Werke der Bandmitglieder und auch andere Projekte.
„Wir sind ‘Chicago Records’, wir halten Ausschau nach Talenten sowie auch nach anderen Katalogen, die wir auf unserem Plattenlabel veröffentlichen können," sagt Parazaider. „Wir werden einige interessante Sachen bringen."

Unter den anderen interessanten Sachen, die Chicago machte, war eine neue Reihe von Konzerten und eine neue Platte. Am 7. Juli 1996 spielte die Band in der Hollywood-Bowl unterstützt von dem Hollywood-Bowl Orchestra. Die Show beinhaltete neu geschriebene Orchesterstücke, einschließlich des vollständigen ‘Ballet For A Girl In Buchannon’ von ‘Chicago II’.
„Als ich das Ergebnis hörte, das Dwight Mikkelson für ‘Ballet For A Girl In Buchannon’ schrieb, bekam ich eine Gänsehaut," sagt Parazaider. „’Arbeit der Liebe’ sind nicht gerade die richtigen Wörter. Ich war eben verzückt."

Parazaider dankt ‘The Moody Blues’, mit denen Chicago tourte, für die Inspiration der Idee. „Dann dachten wir, dass eine Menge von unserer Musik wirklich zu einem Orchester passen würde," sagt der Mann, der die Chicago Symphonie verließ, um Rock 'n Roll zu spielen. „Wir haben ein paar Sachen gemacht, Kleinkram von Material wie dieses und jenes. Aber das ist ein größeres Unternehmen. Wir investieren eine Menge Zeit, Talent und Geld für diese Sache, aber wenn es nicht mehr weitergehen sollte, könnten wir es vielleicht ruhen lassen und es später mit anderen Orchester nachholen. Vielleicht, wir sagen nur vielleicht, wird es ein Schatten von den Sachen sein, die noch kommen werden. Wenn es mich klanglich begeistert, bin ich dabei!"

Das wahrscheinlich nächste Chicagoalbum wird die ‘Ultimate Greatest Hits’ sein. Im Verlauf der Jahre sind verschiedene Ausgaben erschienen, aber keine von den amerikanischen hatten die Hits der Band von den 60er bis zu den 90er Jahren enthalten. ‘The Ultimate Greatest Hits’ werden das richtigstellen und bringt auch Chicago's Geschichte auf den neusten Stand. „Irgendwie werden wir im Herbst nach unserer Sommertour weiterarbeiten," sagt Parazaider. „Wir sind froh, eine ‘Greatest-Hits’ - Ausgabe herauszubringen, die nie zuvor gemacht wurde und auch ein paar neue Stücke enthält, die aussagen, wer wir heute sind. Wir denken an eine Weihnachts- Veröffentlichung, oder vielleicht auch Anfang nächsten Jahres."

1996 erschien bei 'Chicago-Records' die schon lang überfällige Tribut-CD für Terry Kath, 'Chicago Presents The Innovative Guitar Of Terry Kath', sie enthält 14 Stücke, auf denen Terry dominiert.

1997 erschien zum 30. Jubiläum von Chicago bei 'Arcade' der 'Best-Off-Sampler' 'The Heart Of Chicago 1967-1997' mit 15 Songs, davon waren 2 neue Songs dabei, 'The Only One' komponiert von James Pankow + Greg O'Connor, produziert von Lenny Kravitz und 'Here In My Heart' komponiert von James Newton Howard + G. Ballard, produziert von James Newton Howard. Dieser Song wurde Platz 1 in der AC-Chart.

1998 kam wieder ein 'Best-Off-Sampler' diesmal von 'Reprise', 'The Heart Of Chicago 1967-1998 Volume II', mit 16 Songs einschließlich 2 neuen Stücken, alle produziert von Ex-Springsteen E-Street-Band-Keyboarder Roy Bittan, 'All Roads Lead To You', komponiert von Marc Beeson + Desmond Child und 'Show Me A Sign', komponiert von James Pankow + Greg O'Connor.

1998 markierte auch das Jahr, wo das von vielen Chicago-Fans gewünschte 'Christmas-Album' endlich erschien, 'Chicago 25 - The Christmas Album'. Es erschien bei Chicago-Records und enthält 13 klassische Weihnachtssongs wie 'Little Drummer Boy', 'Have Yourself A Merry Little Christmas' oder 'White Christmas'. Ein neuer Weihnachtssong ist auch dabei, 'Child's Prayer', komponiert von Lee Loughnane + John Durrill. Lee Loughnane sang auch seit langer Zeit mal wieder einen Song, 'Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!' Das Album wurde ebenfalls produziert von Roy Bittan und erschien nur in den U.S.A.
In der 'Billboard 200'- Liste stieg das Album auf Platz 47, in der 'Billboard-Christmas-Chart' erreichte es sogar Platz 4!

1999 erschien ihr 26. Album: "Chicago 26 - Live In Concert" mit 10 Live-Titeln (einschl. kompletten "Ballet") und 3 neuen Studiosongs. Die Livetracks stammten von ihrer 99'er US-Tour und klangen noch nie so klanglich perfekt wie auf dieser CD. Die 3 neuen Songs waren die Ballade "Back To You", von Robert Lamm und Keith Howland komponiert, die Schmuse-Ballade "If I Should Ever Lose You" von Burt Bacharach sowie die von Michael McDonald gesungene und komponierte Soul-Ballade "Higher And Higher".

 

 

 

2000-Heute: Das neue Chicago-Jahrtausend

 

2001 bogen Keith Howland und Tris Imboden von dem Chicago-Soundpfad ein bisschen ab und veröffentlichten ihr erstes gemeinsames Soloalbum,
"The Howland/Imboden-Projekt". Rein instrumental ausgelegt, beinhaltet es 10 tolle Jazz-Rock-Fusion- Kompositionen, wo auf manchen Tracks auch andere Chicago-Members wie Robert Lamm, James Pankow, Lee Loughnane, Jason Scheff und Bill Champlin mitspielen.

2002 kaufte die US-Plattenfirma "Rhino-Records" den Chicago-Katalog und begann sofort mit der Restaurierung der Chicago-Klassiker. Die erste Veröffentlichung war die Greatest-Hits-Ausgabe "The Very Best Of Chicago - Only The Beginning" auf 2 CD's. Danach folgten die Deluxe-Ausgaben zu "The Chicago Transit Authority", "Chicago II", "Chicago III", "Chicago V" und "Chicago VI". Mitte September erschien in Deutschland die Europa-Ausgabe zu "The Very Best" mit dem Namen "The Chicago Story - Complete Greatest Hits" und erreichte hierzulande Platz 25 in den CD-Verkaufscharts, in Schweden sogar Platz 1!
Im November sind die Ausgaben zu "Chicago VII" und "Chicago VIII" erschienen. Sämtliche CD's sind im Klang optimiert, enthalten Bonustracks (bis auf "CTA" und "Chicago III") und ein mit raren Fotos ausgestattetes Booklet.
Die Deluxe-Sonderausgabe zu "Chicago At Carnegie Hall" soll 2003 erscheinen.



Im Sommer 2009 verließ Bill Champlin mitten in der Tour die Band, er wurde posthum durch Lou Pardini ersetzt.

Die Story ab 2010 wird demnächst hier fortgesetzt.

 

Heute, nachdem sie sich vor Jahrzehnten in Parazaider's Wohnung getroffen hatten, setzen die Mitglieder von Chicago das Vermächtnis ihrer Musik fort, das sie von ihren Eltern und Lehrern geerbt und es Millionen von Fans gegeben haben. Neulich kehrte die Band zu ihrer Heimatstadt zurück, um in ‘The Tonight Show With Jay Leno’ aufzutreten und Walt Parazaider kam einen Tag früher in die Stadt, da er seinen verwitweten Vater besuchen wollte, jetzt in seinen achtziger Jahren.
„Mein Vater spielt jetzt schon ungefähr 65 Jahre professionell Trompete," bemerkt Parazaider. „Ich setzte mich zu ihm hin und er übte. Er schaute mich an und hielt die Trompete in seiner Hand, dann sagte er: ‘Du weißt, Walt, eines Tages werde ich dieses Ding lernen.’ Das gab mir einen Moment der Klarheit, und ich erkannte, das alles, was wir all diese Jahre gemacht hatten, nicht in einer Frist gemessen werden kann, das ist der Weg des Lebens, der Weg, den mein Vater sein ganzes Leben verfolgt und genossen hat. Später in meinem Leben lernte ich das, was ich machen wollte...... Ich bin in der Verfolgung meiner Lebensarbeit, und letztendlich realisiere ich es."

Die Leute haben sich schon immer über den Namen ‘Chicago’ gewundert. Ein einfacher Satz aus den Anmerkungen ihres allerersten Albums eliminiert jegliche Fragen zu ihrer Identität: „Wenn Du von ihnen reden willst, spreche von der Stadt, wo alle außer einem geboren wurden, wo sie alle zur Schule gingen und erzogen wurden. Nenn sie Chicago."

 

 

Quelle: Chicago-Records-Website

Übersetzung: Alfons Constroffer

 

 

 

 

 

 

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